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■ SPD: Ergänzungsabgabe für Besserverdienende erst 1996Ehrlich währt am längsten

Rudolf Scharping ist ein ehrlicher Mann. Er verspricht nichts, was die SPD nicht halten könnte. Er kündigt nichts an, was Wähler mißmutig stimmen könnte. Und er korrigiert sich selbst, sobald er feststellen muß, daß sein Programm auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Deshalb also erst der Rückzieher in Sachen Geschwindigkeitsbegrenzung (kein Thema mehr), deshalb sein Benzinpreis-Versprechen (keine Erhöhung mehr). Deshalb auch die Korrektur bei der geplanten Ergänzungsabgabe, deren Einkommensgrenzen auf Widerspruch bei Gewerkschaften und Bild-Zeitung stießen.

Und jetzt verkündet Scharping, daß die ganze Ergänzungsabgabe für Besserverdienende, seinen Wahlsieg vorausgesetzt, leider nicht vor 1996 in Kraft treten kann. Bis dahin gelte das von Kohl Solidaritätsabgabe getaufte Abzocken aller Steuerzahler, egal ob arm oder reich. Umfaller? Nein, wieso denn das? „Technische Gründe“ sind es, die zu einer sanften Korrektur des Wahlprogramms führen.

Scharping ist nicht nur ein ehrlicher Mann. Er kann auch rechnen. Die geplante Ergänzungsabgabe von zehn Prozent bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von über 50.000 bzw. 100.000 Mark (Verheiratete) bringt leider nicht das Geld in die Kasse, das 7,5 Prozent Abgabe für alle hineinspülen würde. Im Prinzip wäre dieses Problem ganz einfach zu lösen: Entweder man setzt die Einkommensgrenze wieder hinunter, oder die Höhe der Abgabe wird heraufgesetzt. Doch ersteres gefällt der Bild-Zeitung nicht, und letzteres mag der Konjunktur und den Unternehmern nicht bekommen – jedenfalls kann Scharping, der ehrliche Mann, es weder versprechen noch durchsetzen. Ursprünglich hatte er angekündigt, die fehlenden Einnahmen durch Einsparungen zu kompensieren. Jetzt ist dem SPD-Vorsitzenden wohl die Einsicht gekommen, daß auch dieses Versprechen angesichts wachsender Schuldenberge, fehlendem Aufschwung und kränkelndem Neufünfland nicht einzulösen ist.

Ehrlich währt am längsten. Da muß die soziale Komponente des sozialdemokratischen Regierungsprogramms halt entsprechend zurechtgestutzt werden. 1996 ist auch noch ein Jahr. Uns bleibt also nur noch, Herrn Scharping für seine Offenheit zu danken. Dummerweise wissen wir jetzt allerdings noch weniger als zuvor, was ihn von Herrn Kohl unterscheidet. Der Bart? Klaus Hillenbrand

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