SPD-Abgeordnete Rawert: "Sehe den Tornadoeinsatz nun anders"
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Mechthild Rawert reiste mit Kollegen nach Afghanistan. Den Anstoß zur Ortsbegehung gab Fraktionschef Peter Struck.
taz: Frau Rawert, wie war Ihre Reise?
Mechthild Rawert: Sehr, sehr lehrreich! Es war für mich eine andere Welt, ich war noch nie in Afghanistan oder in der Region.
Mit wem sprachen Sie?
Mit den Kommandeuren der Camps, General Kastorf, Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung und afghanischer zivilgesellschaftlicher Projekte, mit "normalen" SoldatInnen - auch ohne Anwesenheit der Offiziere, mit deutschen NGOs, mit ParlamentarierInnen, einem Generalstaatsanwalt und mit Polizisten.
Hatten Sie auch Kontakt zur Bevölkerung "auf der Straße"?
Nein, aus Sicherheitsgründen.
Was hat Sie auf der Reise am meisten überrascht?
Die Burka habe ich viel weniger gesehen als erwartet. Außerdem habe ich gelernt, dass Isaf nicht nur eine militärische Aktion ist, sondern selbst viel für den zivilen Wiederaufbau leistet. Das hat mich sehr beeindruckt.
Beeinflusst die Reise ihr Abstimmungsverhalten?
Ja. Ich begrüße das Isaf-Engagement und sehe den Tornado-Einsatz in einem anderen Licht.
Wieso?
Ich habe gelernt, dass meine damaligen Befürchtungen hinsichtlich der Weitergabe von Aufklärungsbildern an OEF nicht begründet sind. Ich habe zum ersten Mal einen Tornado gesehen, habe mit den Tornado-Fliegern gesprochen und mit den Auswertern der Bilder. Die Bilder dienen natürlich der militärischen Absicherung, aber auch ganz stark dem zivilen Aufbau - etwa indem sie Bilder von kaputten Straßen liefern und dem Aufbau der Infrastruktur nutzen.
Viele Abgeordnete befürchten, dass die Bilder dem Anti-Terror-Krieg dienen.
Dieser Meinung war ich ja auch! Mein Eindruck jetzt ist, dass die Wege, wie bei Isaf etwas passiert, so abgesichert sind, dass die Fotos wirklich der Unterstützung von Isaf dienen.
Hatten Sie den Eindruck, die Bundeswehrsoldaten sind "Entwicklungshelfer in Uniform"?
Nein, Soldaten sind keine Entwicklungshelfer, sie haben den Auftrag, die Sicherheit zu stabilisieren. Ohne Isaf könnten die NGOs dort nicht arbeiten, insofern sichern sie natürlich den Wiederaufbau ziviler Projekte, die aber von Dritten durchgeführt werden. Aber eines muss ich sagen: Ich selber hatte mit der Bundeswehr bisher nie zu tun. Ich habe einen unheimlich hohen Respekt bekommen. Das System des "Bürgers in Uniform" ist dort sehr gut realisiert.
Wenn Sie jetzt im Wahlkreis gefragt werden, was haben wir Deutschen in Afghanistan zu suchen, was antworten Sie?
Dass es in unserem Interesse liegt, nicht jahrelang zuzugucken wie damals im Kosovo, sondern dass wir zu einer stabileren Lage und damit zu Frieden in der Welt beitragen müssen.
INTERVIEW: KATHARINA KOUFEN
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