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Archiv-Artikel

SPANNUNGEN ZWISCHEN NGOS UND POLITIK SIND WICHTIG FÜR DEMOKRATIE Nerven ist notwendig

Dass Organisationen wie „terre des hommes“ nicht nur Spenden sammeln und karitativ wirken, sondern sich kritisch in die Politik der Globalisierung einmischen, hat System. Zivilgesellschaft äußert sich sowohl in Solidarität als auch in Kritik und im Ringen um Kompromisse. Damit tut sich beispielsweise die Weltbank schwer. In den 90er-Jahren hat sie begriffen, dass regierungsunabhängige Organisationen wichtig sind. Sie verfügen über Sachverstand, können Menschen und Ressourcen mobilisieren und durchkreuzen oft amtliche Pläne – lokal und global. Deshalb hätte die Weltbank gern „die Zivilgesellschaft“ als Partner, der ihr bei der Umsetzung ihrer Politik hilft. Ersehnt werden Stützen, wie es Caritas, Diakonie oder Arbeiterwohlfahrt für den deutschen Sozialstaat sind. Diese „freien Träger“ sind aber nicht einfach freundliche Erfüllungsgehilfen der Bundesrepublik Deutschland. Dass sie heute weniger konfliktträchtig erscheinen als Miseror, Brot für die Welt oder Attac, liegt daran, dass die Zivilgesellschaft den deutschen Sozialstaat längst demokratisch durchdrungen hat. Kirchen und Gerwerkschaften nerven aber auch hierzulande immer wieder Regierungspolitiker.

Das muss auch so sein. Die Funktion der Zivilgesellschaft für das Gemeinwohl hat zwei Seiten. Es geht um Kooperation mit Behörden ebenso wie um Kritik an ihnen. Unabhängige Organisationen reagieren auf Mängel. Manche Defizite beheben sie selbst. In anderen Fällen fordern sie Korrekturen – nicht nur vom Nationalstaat. Sie richten ökologische und soziale Ansprüche auch an Industrie und Wirtschaft, Kommunen oder multilaterale Institutionen. Die Zivilgesellschaft verlangt Alternativen, aber sie bietet nicht selbst „die“ Alternative. Wer Zivilgesellschaft als homogen-progressive Kraft oder gar stromlinienförmigen Exekutor eines irgendwie „objektiven“ Fortschritts sieht, hat ihr Wesen nicht verstanden – und das der Demokratie auch nicht. Ob Entwicklungsplaner das nun mögen oder nicht: Wer mit zivilgesellschaftlichen Akteuren kooperieren will, muss sich auf Widerspruch einstellen. HANS DEMBOWSKI

Der Autor ist Redaktionsleiter der Monatszeitschrift E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit