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SEL–Stuttgart an Nokia–Konzern verkauft

■ Neuer Chef will Arbeitsplätze nicht garantieren / Betriebsrat fühlt sich bei Verkauf an finnischen Konzern übergangen

Frankfurt/Stuttgart (ap) - Das Stuttgarter Elektronikunternehmen SEL hat sein Defizitgeschäft mit Farbfernsehern und Videogeräten an den finnischen Konzern Nokia abgestoßen. Sprecher beider Unternehmen teilten in Frankfurt mit, am Dienstag sei ein Vorvertrag über den Kauf der gesamten Unterhaltungselektronik und Komponentenherstellung unterzeichnet worden. SEL–Vorstandsmitglied Orth betonte zwar, es werde keine Massenentlassungen geben. Der designierte finnische Geschäftsführer von Nokia in Deutschland, Antti Lagerroos, schränkte jedoch ein, daß er weder für die rund 8.000 Arbeitsplätze noch für die betroffenen Standorte in Bochum, Esslingen, Straubing und Pforzheim eine Bestandsgarantie geben könne. „Schlimmer kann man das nicht mehr machen“, sagte der Vorsitzende des SEL–Gesamtbetriebsrates Manfred Glöck. „Bis zur jetzigen Stunde ist mit den betriebsverfassungsrechtlichen Gremien kein einziges Wort gesprochen worden.“ Nach Angaben Glöcks trafen sich die SEL–Beschäftigten der Werke in Bochum und Straubing zu Betriebsversammlungen und Protestaktionen. Er gehe nach wie vor davon aus, daß der Kaufvertrag nicht vor der für den 21. Dezember vorgesehenen Beschlußfassung des Aufsichtsrates abgeschlossen werden könne. Orth sagte hingegen in Frankfurt, die Zustimmung des Aufsichtsrats sei nicht erforderlich. Die zum französischen Alcatel– Konzern gehörende Standard Elektrik Lorenz AG machte in der Unterhaltungselektronik im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,2 Milliarden Mark. Das ist etwa ein Viertel des SEL–Gesamtgeschäftes. Ein verschärfter internationaler Wettbewerb hat die Unterhaltungselektronik von SEL in die roten Zahlen gebracht. Wegen des geringeren Arbeitskräftebedarfs der modernen Digitaltechnik will SEL in seinem Berliner Werk im nächsten Jahr 600 Arbeitsplätze abbauen.

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