■ SEITENSTICH: Wortmonster im Freilandversuch
Überall kleben Aufkleber und liegen Programmzettel, und die Leute stehen ratlos davor und blättern darin herum und wackeln mit den Köpfen: Was möchte uns das „Kantstein- Duo“, ein Kabarett, welches unlängst aus der Ursuppe des Schnürschuh-Theaters geschöpft worden ist, was um alles in der Welt möchten uns diese Witzbolde wieder einmal beibringen mit folgendem Titel: Paar sucht Gleichgesinnlose.
Gleichgesinnlose.
Und der Untertitel des Abends: In der Mitte des Lebens gerät ein Paar in die „Mitleidkreise“.
Manchmal möcht ich doch den Mut verlieren. Gleichgesinnlose! Was soll man darauf antworten?
Kulturredakteur sucht noch so ein paar gleich rettlos dem Lallen Verfallene zwecks Gruppentherapie mit dem Gartenschlauch! Wenn das noch hilft. Es ist nun einmal kultischer Brauch in der Sekte der Kabarettisten, daß die scheußlichsten Wortspielchen treiben muß, wer auf die Bühne will. Sollen sie mal, dacht ich, unsereins kann ja sicheren Abstand halten und das dürftige Gewitzel in großen Mitleidkreisen umgehen.
Aber du, liebes Kantstein- Pärchen, hast es zu weit getrieben: Niemand tät dich verspotten, hättest du nur in deinem Kämmerlein an der Sprache manipuliert; niemand würde dich wie ich jetzt verfolgen, selbst wenn du dich an ihren unersetzlichen Genen vergriffest. Zuhaus, liebes Kantstein- Duo, darfst du ruhig aus deiner Volksbildungsgesinnung und reiner Besinnungslosigkeit solche armen Mutanten wie die Gleichgesinnlosen züchten. Aber daß du gleich mit Freilandversuchen an die Öffentlichkeit gehst und derart besinnlos unsern Nachtschlaf aufs Spiel setzt, das erfordert die entschlossene Gegenwehr aller sprachliebenden Kräfte.
Einmal noch, sag ich! Wer von euch einmal noch derart das Wort erhebt, wird durch das Wort umkommen. Gefangene werden nicht gemacht. Manfred Dworschak
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