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SED will Besitztümer und Zeitungen aufgeben

■ 11 von 16 Zeitungen sollen „in Volkseigentum“ überführt werden / Auch Gästehäuser sollen abgegeben werden

Berlin (taz/afp) - Die SED-PDS gibt erneut dem Druck der Basis nach. Nach einer Ankündigung des Präsidiums ihres Parteivorstands will sie 11 ihrer 16 Zeitungsverlage und 21 ihrer 26 Druckereien „in Volkseigentum“ abgeben. Über diese in der parteieigenen Holding „Zentrag“ zusammengeschlossenen Medienbetriebe sollen „zur Brechung dieser Konzentration“ Verhandlungen mit der Regierung aufgenommen werden, die bis zum 30. Juni abgeschlossen werden sollen.

Der parteieigenen Zentrag („Zentrale Druckerei-, Einkaufs und Revisionsgesellschaft GmbH“) mit ihren rund 40.000 Mitarbeitern unterstehen bislang nämlich nicht nur Druckereien und Schallplattenverlage, sondern auch das 'Neue Deutschland‘ und sämtliche SED-Bezirkszeitungen sowie diverse Verlage. Der „Berliner Verlag“ beispielsweise, der die 'Berliner Zeitung‘, die Illustrierte 'NBI‘, das Programmagazin 'ff-dabei‘ und das Frauenblatt 'Für Dich‘ herausgibt, wird schätzungsweise mit jährlich 128 Millionen Mark aus Zentrag-Gewinnen subventioniert.

Die SPD der DDR allerdings beansprucht nun die 'Berliner Zeitung‘ oder auch die 'Leipziger Volkszeitung‘ als alte sozialdemokratische Blätter für sich. Über weitere 10 Zeitschriftenverlage und 8 Spezialbetriebe will das Präsidium des SED-PDS-Vorstands in den nächsten Tagen einen weiteren Entscheidungsvorschlag vorlegen.

Das SED-PDS-Präsidium hat weiterhin „zur Kentnis nehmen müssen“, daß die „Genex Geschenkdienst GmbH“ in Parteibesitz sei. „Im Interesse der Reinigung der Partei ist diese Firma unverzüglich in Volkseigentum zu überführen“, so das Präsidium. Durch die Genex können Bundesbürger Empfängern in der DDR gegen harte Devisen Geschenke zukommen lassen.

Diese Firma hat der SED nach Ansicht von Fachleuten hohe Deviseneinnahmen eingebracht. „Ein gewisses Maß an Verständnis ist nur dadurch aufzubringen, daß aus den finanziellen Erträgen dieser Firma im wesentlichen solidarische Unterstützung für fortschrittliche Bewegungen in der Welt geleistet wurde“, merkte das Präsidium an. Weitere Betriebe, von denen sich die SED-PDS trennen will, sind die „Deutsche Werbe- und Anzeigen-Gesellschaft“ (DEWAG) und der Fremdsprachendienst 'Intertext‘.

In der Erklärung des Präsidiums gibt die Partei zu, eine große Anzahl der 37 vom ehemaligen SED-Zentralkomitee verwalteten Gästehäuser unter unklaren Bedingungen oder „kostenlos“ erworben zu haben. Von den Häusern mit insgesamt 1.914 Betten sollen nur jene behalten werden, die eindeutig mit Parteimitteln erworben oder gebaut wurden.

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