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Archiv-Artikel

SCHRÖDERS UMGANG MIT RÜRUPS BERICHT MACHT BEIDE UNGLAUBWÜRDIG Der Trick mit den Expertenrunden

Heute wird der 400 Seiten starke Abschlussbericht der Rürup-Kommission offiziell übergeben – und Bundeskanzler Schröder rudert schon zurück. Das Renteneintrittsalter in 30 Jahren auf 67 Jahre hinaufsetzen, wie es die Kommission empfiehlt? Sorgt heute nur für miese Stimmung. Was eine Kommission aufschreibt, sei nicht „die Bibel“, sagte Schröder daher schon mal vorsorglich. Damit rückt er von seiner politischen Taktik ab, unangenehme politische Entscheidungen durch Wissenschaft und Expertenrunden zu legitimieren.

Mit der Hartz-Kommission hatte der Trend angefangen, so genannte hochkarätig besetzte Kommissionen einzuberufen, die Lösungen für die Probleme des Sozialstaats ausarbeiten sollten. Zuvor war die Idee des „Bündnisses für Arbeit“ gescheitert, jener Elefantenrunde beim Kanzler, in der Arbeitgebervertreter und Gewerkschaftschefs gemeinsam Lösungen für die Jobproblematik finden sollten. Daraufhin verfiel der Kanzler auf die Idee mit der scheinbar unparteiischen Expertenrunde. Der Trick war bei der Hartz-Kommission der gleiche wie bei der Rürup-Kommission: Die Zusammensetzung der Runde sollte Fachwissen, Praxisnähe und scheinbare politische Objektivität garantieren. Gewerkschaftsvertreter saßen immer als Alibimitglieder mit am Tisch. Das Ergebnis von Hartz: Neue Jobs sind bisher kaum entstanden. Die Zusammenlegung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe dürfte auf Jahre hinaus keinen Verwaltungsaufwand sparen, wie von Hartz versprochen. Was blieb, ist vor allem ein Kürzungsprogramm für Arbeitslose.

Die Rürup-Kommission zur Zukunft von Gesundheit und Rente sollte noch mehr Objektivität auf sich vereinigen: Zwölf Professoren saßen darin, was leider vor allem eine Zusammenballung von Eitelkeiten bedeutete. Und jetzt zeigt sich, dass eine Kommission dem Kanzler nicht das politische Risiko abnehmen kann, etwa durch unangenehme Entscheidungen zur Rente Wählerstimmen zu verlieren. Schröder spürt das – und rudert nun herum, so als sei plötzlich die Kommission selbst zu seinem Risiko geworden. Doch damit hilft er niemandem. Der Kanzler wirkt deswegen erst recht unglaubwürdig. BARBARA DRIBBUSCH