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Archiv-Artikel

SCHRÖDERS AKTIENSTEUER-VORSCHLAG REICHT BEI WEITEM NICHT AUS Falle für die Linken

Das deutsche Steuerrecht ist ziemlich ungerecht. Daran ändert auch die jüngste Initiative der rot-grünen Regierung fast nichts. Die Schieflage ließe sich immerhin ein wenig reduzieren, würde ein Gerhard Schröder zugeschriebener Vorschlag umgesetzt. Der Bundeskanzler soll seiner aufbegehrenden SPD-Linken nämlich Folgendes angeboten haben: Ihr lasst eure Forderung nach einer stärkeren Besteuerung von Kapitaleinkünften und Vermögen fallen, wenn ich mich im Gegenzug für eine höhere Steuer auf Aktiengewinne stark mache. Für den Kanzler hätte diese Variante den Vorteil, die Linke befrieden zu können, ohne den groß angekündigten Plan der reduzierten Zinssteuer aufgeben zu müssen.

Die Aktienbesitzer freilich kann keine der in Frage kommenden Regelungen wirklich schocken. Alle beinhalten sie profitable Privilegien. So unterliegen Kursgewinne aus Aktienverkäufen heute nur für das erste Jahr dem individuellen Einkommensteuersatz, der bis 48,5 Prozent reicht. Nach einem Jahr sind alle Gewinne steuerfrei. Diese Einjahresfrist wollte Rot-Grün vor kurzem abschaffen und dafür den Steuersatz auf pauschal 15 Prozent reduzieren. Nette Idee, aber an der Union gescheitert. Nun bietet Schröder an, 25 Prozent zu verlangen. Das ist zwar mehr als die lächerlichen 15 Prozent, aber auch nur ein Witz: Wegen des so genannten Halbeinkünfteverfahrens fallen tatsächlich nur 12,5 Prozent an. Die prozentuale Belastung eines Aktienbesitzers würde damit unter der eines Geringverdieners liegen, der heute mindestens 19,9 Prozent Lohnsteuer bezahlt.

Die Aktiensteuer könnte deshalb ruhig höher ausfallen. Auch im internationalen Vergleich würde sich Deutschland dann nicht ins Abseits stellen. In den USA gilt für Kursgewinne mindestens der Einkommensteuersatz von 20 Prozent. In Großbritannien sind es bei Spitzenverdienern bis zu 40 Prozent. Schröders Vorschlag ist nicht schlecht – er stellt ja eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Reformplan dar. Aber er kann nur ein kleiner Schritt sein. Wenn sich die Fraktionslinken der SPD dafür ihre anderen Forderungen abhandeln ließen, wäre das ein Armutszeugnis.

HANNES KOCH