SCHLACHTENSEE 3 : Invasion des Bösen
Bis zum frühen Abend ist es schön am Schlachtensee. Dann kommen die Leute, die da offensichtlich wohnen, und ihrem Verhalten nach zu schließen sind es böse Leute.
Zuerst die Postabiturienten. Sie sind zu siebt, und da für sie in unserer kleinen Badebucht eigentlich kein Platz mehr ist, bauen sie, ohne ein Wort zu verlieren, ihren Platz quasi direkt über unseren drüber.
Es ist ein rücksichtsloser Blitzkrieg. Sie hängen Hängematten quer durch unser Territorium, legen ihre Handtücher und Badematten halb auf unsere drauf und schreien dabei wie am Spieß belangloses Zeug in unsere schmerzenden Trommelfelle hinein. Es ist, als wären wir gar nicht da. Vielleicht sind wir das auch nicht?
Auf jeden Fall wäre es gerade angenehmer, nicht da zu sein. Deshalb ziehen wir zehn Meter weiter auf einen unbequemen Wurzelplatz. Ich bin noch nicht dort, da wird der Lagerplatz schon gierig gefleddert. Auch die Expansion erfolgt wortlos. Kein „Oh, das tut uns leid: Jetzt haben wir euch vertrieben“ oder Ähnliches, was ohnehin gelogen wäre.
Dann kommen die Hunde. Der erste greift gleich schon mal die Schwäne an. „Komm her“ ruft Frauchen und erläutert einem anderen Hundebesitzer, der eine Meute von gefühlt hundert Kötern um sich schart: „Gegen die Schwäne hat er keine Chance!“ Das ist das einzige Argument. Zwar haben die Schwäne Junge, und im Zweifel ist das alles hier Naturschutzgebiet, aber egal. Echte Tierliebhaber eben.
Überall toben jetzt Hunde. Die Rudelführer unterhalten sich lauthals über die Intoleranz der badenden Nichthundebesitzer. Nass und dreckig suhlt sich derweil ein Vieh auf unserer Wolldecke. Fairerweise muss ich zugeben, dass die Besitzerin versucht, ihn herunterzuzerren. Unfairerweise, dass sie zu blöd dazu ist. Oder ihr Hund. Doch wo ist da noch der Unterschied? ULI HANNEMANN