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Archiv-Artikel

SADDAM HUSSEINS HINRICHTUNG ZEIGT, DASS IM IRAK DIE RACHE REGIERT Schatten der Vergangenheit

Zu den grausamsten Geschichten über das Regime von Saddam Hussein gehören jene über die Hinrichtung von Oppositionellen: Oft mussten die Familien der Exekutierten noch die Kugel bezahlen, mit der ihr Angehöriger erschossen wurde. In der Vergangenheit lässt sich wenig Entlastendes über den einstigen Diktator von Bagdad finden: Lediglich unverbesserliche Anhänger oder politisch Ahnungslose bringen zu seiner Verteidigung noch vor, er habe zumindest versucht, einen modernen Irak aufzubauen. Die meisten Iraker jedoch, vor allem Kurden und Schiiten, dürften seine Erhängung noch als milde Strafe empfunden haben: Dass sich hunderte von Freiwilligen um den Henkerjob beworben haben sollen, spricht eine deutliche Sprache. Mit Blick auf seine Vergangenheit erscheint die Hinrichtung Saddams vielen nur gerecht.

Heute sterben im Irak tagtäglich hunderte von Menschen einen gewaltsamen Tod. Doch weder stand Saddam Hussein hinter den Angriffen auf die Amerikaner, noch war er für den Terror gegen die Bevölkerung verantwortlich; seine Anhänger bilden nur noch eine verschwindende Minderheit.

Viele, die ehemals seiner Baath-Partei angehörten, haben sich anderen Gruppen angeschlossen. Andere haben nicht vergessen, dass seine ersten Opfer führende Funktionäre der Baath-Partei waren, die Saddam Hussein im Wege standen. Mit Blick auf die Gegenwart im Irak ist seine Exekution geradezu bedeutungslos.

Erst mit Blick auf die Zukunft – und auf die Umstände seiner Hinrichtung – wird sie zum Fanal. Dass die Bilder im Internet kursieren, dass hier die Erhängung eines Menschen unter dem Jubel seiner Gegner zu sehen ist – das zeigt, dass hier weder Rücksicht auf das islamische Opferfest noch auf rechtsstaatliche Maßstäbe genommen wurde. Und es zeigt, dass auch im heutigen Irak die Rache und die Lynchjustiz regieren. Das Unvermögen, Saddam Hussein am Leben zu lassen, zeugt nicht nur von einer verpassten Chance, aus dem Schatten der Vergangenheit zu treten. Es wirft auch einen dunklen Schatten auf die Zukunft des neuen Irak.

AKTHAM SULIMAN

Der Autor ist Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira in Deutschland