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S-Bahn-StreikBerliner steigen auf BVG um

Vor allem die Straßenbahnen sind auf Grund des S-Bahn-Streiks überfüllt. Beim nächsten Warnstreik wird die S-Bahn verschont.

Hier ein Bahnhof mit Information - Züge gab es trotzdem nicht. Bild: reuters, Pawl Kopczynski

Mit ihrem Warnstreik hat die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) am Dienstagmorgen den Nahverkehr in Berlin und Brandenburg weitgehend lahm gelegt. Der S-Bahn-Verkehr sei "im gesamten Netz zwischen 6 und 8 Uhr nahezu komplett eingestellt" gewesen, teilte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mit. Erst um 14 Uhr seien die Züge wieder fahrplanmäßig unterwegs gewesen.

Mit den Warnstreiks will die GdL in erster Linie eine Angleichung der Arbeitsbedingungen aller Lokführer in Deutschland erreichen unabhängig davon, bei welchem Arbeitgeber sie beschäftigt sind. Darüber hinaus will die Gewerkschaft eine bessere Absicherung von Lokführern erzielen, beispielsweise nach einem Suizid auf den Gleisen.

Zahlreiche Fahrgäste stiegen am Dienstagmorgen auf die BVG um. "Ganz besonders hat sich das bei der Straßenbahn bemerkbar gemacht", sagt Sprecherin Petra Reetz. Ab sieben Uhr zwanzig, als zu den Berufstätigen auch die Schüler gekommen seien, habe man auch Fahrgäste stehen lassen müssen. Entspannter sei es in der U-Bahn zugegangen. Hier seien auf der U2 und der U9 sieben zusätzliche Züge eingesetzt worden.

Matthias Horth vom Fahrgastverband Igeb kritisiert vor allem die Informationspolitik während des Streiks. So seien die Fahrgäste auf den Bahnhöfen nicht in Kenntnis gesetzt worden, dass es Zugausfälle auf Grund eines Warnstreiks gibt. "Teilweise blieben auch Züge stehen und es gab keine Durchsage, warum es jetzt nicht weitergeht", sagt Horth. Auch wenn das Unternehmen S-Bahn ebenfalls für die Informationspolitik verantwortlich sei, seien die streikenden Lokführer zumindest moralisch in der Pflicht, ihre Fahrgäste zu informieren.

In der Vergangenheit hatte es aus Politik und von Fahrgastverbänden Kritik an den anstehenden Streiks gegeben. "Die S-Bahn-Kunden waren in der letzten Zeit sowieso stark gebeutelt", sagt Horth. Seit Dezember hat das Unternehmen sein Angebot nach den ersten Schneefällen erneut reduziert und fährt derzeit mit einem Notfallfahrplan, der unter anderem eine reduzierte Geschwindigkeit vorsieht.

Wann der Streik weitergeführt wird, sagte die GdL am Dienstag nicht. Sprecherin Gerda Seibert bestätigte, dass die S-Bahn auf Grund des sowieso stark ausgedünnten Fahrplans bei der nächsten Streikaktion ausgenommen werde. Bis zum Ergebnis der Urabstimmung Anfang März soll es allerdings weitere Warnstreiks geben.

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3 Kommentare

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  • SB
    Sabine Blankschein

    Wer Leute von dem Weg zur Arbeit abhält führt keinen Arbeitskampf, sondern einen egoistischen und völlig absurden Machtkampf.. wozu sollen denn die Lokführer mehr verdienen als IHK - Kaufleute, und da sind wir bei der EDEKA bei 5 Euro in der Stunde.. also bitte, KEIN VERSTÄNDNIS

  • MZ
    Michael Zimmermann

    Hallo , ihr schlauen Schreiberlinge, die empfehlen auf andere öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, um nach Berlin zu kommen. Ist euch noch nie aufgefallen, dass ein paar 100000 Arbeitnehmer/Pendler aus Brandenburg gibt, die auf die Bahn oder die S-Bahn angewiesen sind als einziges überhaupt vorhandenes Nahverkehrsmittel ? Leute, die kein Auto haben oder es sich nicht leisten können ? Laut Arbeitsrecht in der BRD ist das Erscheinen am Arbeitsplatz alleinige Bringepflicht des Arbeitnehmers. So wird wieder einmal

    in guter Tradition ein (berechtigter ....) Streik auf den schwächsten Gliedern der Gesellschaft ausgetragen.

    Die Bahn Oberen fahren eh S-Klasse und die Gewerkschaftler haben ihren Fuhrpark. Scheiss doch auf die dummen Arbeitnehmer, die die Bahn brauchen.

  • T
    Tazja

    Diese Gewerkschaft verspielt wirklich jegliche Sympathien, Solidarität und Verständnis. Wie absurd! Die Verbesserung der eigenen Arbeitsbedingungen auf Kosten von Schülern und anderen Arbeitnehmern erpressen zu wollen, die dafür mit erheblichen Schwierigkeiten und durchaus möglichen unangenehmen Konsequenzen in ihrem Job bezahlen, widerspricht jeglichem gewerkschaftlichen Grundgedanken. Soweit ich mich erinnere, sollen da Werte wie Solidarität, Gemeinschaft und sozialer Anspruch gelebt werden.

     

    In ihrem Konzept, einen (Warn)Streik bewusst so zu gestalten, dass es (ZITAT) "richtig weh tut" sehe ich genau das Gegenteil davon: Ellenbogengesellschaft nannte man das mal ... jeder ist sich selbst der Nächste und wir wollen für uns was erreichen, notfalls auf dem Rücken der anderen.

     

    Denn wem tut es denn weh, wenn dafür gesorgt wird, dass der morgentliche Berufsverkehr massiv sabotiert wird und das bewusst mit kaum Informationsvorlauf, damit möglichst wenig Vorbereitung und Ausweichlösungen das Chaos abmildern könnten? Richtig! Denen, von denen man dann auch noch Solidarität verlangt.

     

    Wenn man den Leuten, die am Vorabend eben keine Nachrichten mehr gehört haben (war ja auch irgendwie so gedacht), morgens bei 15 Grad im unfreundlichsten Ton entgegenschnauzt "selbst schuld, wir haben informiert", "weiß ich nicht, wann hier was fährt, im Moment nich, sehnse doch" ... "wurde gestern Abend angekündigt, selbst Schuld, wennse nich anders fahren". Die ganze 1,5-Stündige Odyssee lang wurde an keinem Bahnhof Auskunft erteilt. Irgendwann fuhr irgendwas, aber nur vorübergehend und dann doch woanders hin. Absurderweise WAR ich durch das Glück eines freundschaftlichen Warnanrufs um 6 rechtzeitig wach und informiert. Aber die Bahn hat ja für solche Fälle vorgesorgt gehabt: Gutgläubig rief ich die eigens dafür eingerichtete Gratishotline an (7.30) und fragte nach der S2 und, wann sie wieder fährt. Beruhigt erfuhr ich: "Ihre S-Bahn zeigt mir hier die normalen Abfahrtszeiten, die fahren alle normal" - sehr konsequent das Konzept Irreführung. Wenn man dann irgendwann komplett durchgefroren und mit einer drohenden Abmahnung wg Verspätung mehrfach aus- und aufs Geratewohl nach einem Zug sucht, der einen weiter nach Süden bringt .. ja, irgendwann wünscht man sich inbrünstig, dass diese Streikplaner irgendwann mal selbst einen harten Winter lang jeden Morgen und Abend im ungewissen auf Bahnhöfen herumstehen müssen auf dem Weg zum Arbeitskampf - "sindse selbst schuld, se ham doch informiert!"