Russlands Staatsmacht: Ämtchen, wechsel dich!

Putin ist Ministerpräsident, Medwedew Präsident. Vorher war es andersrum - und so soll es bald auch wieder sein. Die politischen Reaktionen reichen von verhalten bis entsetzt.

Nächstes Jahr dann wieder andersrum: Medwedew und Putin. Bild: dapd

MOSKAU dpa | Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow hat die Pläne des russischen Regierungschefs Wladimir Putin zur baldigen Rückkehr in den Kreml mit Zurückhaltung aufgenommen. "Jetzt wird klar, dass (zwischen Putin und Staatschef Dmitri Medwedew) alles schon lange vereinbart war", wurde der frühere Sowjetpräsident am Sonntag von Medien in Moskau zitiert.

"Wenn der künftige Präsident nur am Machterhalt interessiert sein sollte, werden dies für Russland sechs verlorene Jahre", betonte der 80-Jährige. Russland brauche aber dringend Reformen, auch im politischen Bereich. "Das sollte sich der neue Staatschef unbedingt zu Herzen nehmen."

In einer unerwartet scharfen Reaktion erklärte der amtierende Finanzminister Alexej Kudrin, einer möglichen Regierung unter Medwedew nicht angehören zu wollen. "Medwedews Pläne für eine drastische Erhöhung der Militärausgaben gehen auf Kosten der Bildung und machen uns abhängig von hohen Erdöl-Erlösen", sagte der auch international angesehene Ressortchef nach Angaben der Agentur Interfax.

Dies sei "ein Wendepunkt in der Haushaltspolitik" Russlands. "Aufgrund einer Reihe von Differenzen schließe ich derzeit einen möglichen Ministerposten unter Dmitri Medwedew aus."

Ämterwechsel 2012

Das russische Führungstandem Wladimir Putin und Dmitri Medwedew will das größte Land der Erde auch in Zukunft gemeinsam regieren. Der amtierende Regierungschef Putin (58) soll auf Vorschlag von Präsident Medwedew 2012 in den Kreml zurückkehren. Sein Sieg bei der Präsidentenwahl im März gilt als sicher.

Medwedew hingegen führt die Regierungspartei Geeintes Russland zunächst als Spitzenkandidat in die Parlamentswahl am 4. Dezember dieses Jahres. Außerdem soll der 46-Jährige nach einer erfolgreichen Wahl Putins zum Präsidenten dessen Nachfolge als Ministerpräsident übernehmen.

Die Opposition in Russland sprach von einem "Horrorszenario". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der mehr Gemeinsamkeiten mit Medwedew nachgesagt werden, reagierte zurückhaltend. Medwedew und Putin hatten wiederholt verkündet, gemeinsam eine Entscheidung zu treffen.

"Allem Anschein nach sind wir Zeugen einer langfristigen Lösung der politischen Situation geworden", sagte der Politologe Wjatscheslaw Nikonow nach Angaben der Agentur Ria Nowosti. Nach einer Verfassungsänderung dauert die Amtszeit des Präsidenten künftig sechs statt bisher vier Jahre.

Große Einmütigkeit

Die Delegierten von Geeintes Russland nominierten Medwedew mit 582 Ja-Stimmen bei nur einer Gegenstimme für die Duma-Wahl. Mehr als 10.000 Anhänger feierten das Spitzenduo im Luschniki-Sportpalast in Moskau mit frenetischem Beifall.

"Beide Politiker haben heute eindeutig ihre Einmütigkeit gezeigt", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Medwedew hatte mehrfach angekündigt, nicht gegen seinen politischen Ziehvater Putin antreten zu wollen. Putin durfte 2008 nach zwei Amtszeiten als Präsident nicht erneut kandidieren.

Putin kündigte in seiner rund 50 Minuten langen Rede an, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Russland solle in spätestens fünf Jahren zu den fünf größten Wirtschaftsnationen gehören, kündigte der vermutlich nächste Kremlchef an. "Das ist eine absolut realistische Aufgabe."

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