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Rußland muß dem Terror weichen

■ Der Anschlag auf einen US-Stützpunkt in Saudi-Arabien ist das Hauptthema beim G-7-Gipfel. USA wollen die europäischen Beziehungen zum Iran geißeln. Die Stichwahlen in Moskau sind Nebensache

Lyon/Dubai (AFP/rtr) – Der Bombenanschlag auf einen US- Militärstützpunkt in Saudi-Arabien überschattet den Wirtschaftsgipfel der sieben führenden Industrienationen (G 7) in Lyon. Noch vor dem offiziellen Beginn des Treffens setzten die Staats- und Regierungschefs gestern die Bekämpfung des internationalen Terrorismus nach oben auf die Tagesordnung. Der Tagesordnungspunkt „Rußland vor der Stichwahl“ rutschte nach hinten.

Der Gastgeber des diesjährigen Treffens, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac, wollte dazu gleich beim ersten gemeinsamen Arbeitsessen gestern abend eine Erklärung gegen den Terrorismus verabschieden lassen. US-Präsident Bill Clinton forderte von den G 7 eine engere internationale Zusammenarbeit. Der internationale Terrorismus sei eine neue Bedrohung für die Welt, gleichwertig mit der Gefahr durch Nazideutschland oder den Kalten Krieg.

„Wenn wir zusammenarbeiten, können wir diese schrecklichen neuen Bedrohungen für unsere Sicherheit erfolgreich abwehren“, sagte Clinton. Die Gipfelpartner sollten dazu ein Bündel von 40 Maßnahmen gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität verabschieden.

Bei dem Attentat im saudischen Dahran waren am Dienstag abend 19 US-Amerikaner getötet und fast 400 Menschen verletzt worden. Am Mittwoch abend ging bei der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung al-Arab ein anonymer Anruf ein. Ein Mann erklärte, das Attentat ginge auf Konto einer „Legion des Märtyrers Abdullah al-Husaifi“. Die Gruppierung ist bisher noch nicht aufgetreten, laut dem Anrufer soll sie jedoch auch hinter dem Anschlag auf ein US-Militärgebäude in Riad im vergangenen November stecken. Damals waren fünf US- Amerikaner und zwei Inder getötet worden. Abdullah al-Husaifi war in Saudi-Arabien wegen eines Säureanschlags auf einen Polizisten geköpft worden.

Von der US-Gipfeldelegation in Lyon verlautete gestern, Washington wolle nach dem Anschlag erneut die europäischen Wirtschaftsbeziehungen zum Iran anprangern. Die USA werfen der islamischen Republik vor, den internationalen Terrorismus zu unterstützen, und verlangen deren völlige Isolation. Die europäischen Staaten, allen voran Deutschland, setzen dagegen auf einen „kritischen Dialog“. Das US-Repräsentantenhaus hatte vor kurzem Strafmaßnahmen gegen Drittländer beschlossen, die in Iran oder Libyen investieren. Eine ähnliche Regelung existiert bereits für Kuba. Die europäischen G-7-Staaten und Japan wollten bei dem Gipfel ursprünglich gegen diese Sanktionspolitik protestieren.

An den seit 1975 stattfindenden Wirtschaftsgipfeln nehmen die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Japan, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland teil. Der russische Präsident Boris Jelzin, bisher ständiger Gast der G-7-Treffen, läßt sich wegen des Wahlkampfs durch Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin vertreten.

Unterdessen begannen gestern in Saudi-Arabien aus den USA eingeflogene FBI-Agenten mit der Suche nach Hinweisen auf die Täter. Die Leichen der getöteten US- Amerikaner wurden in die USA geflogen. Um an den Trauerfeiern für die Anschlagopfer in Florida teilzunehmen, wollte Clinton seinen Frankreichbesuch abkürzen und bereits am Samstag nach Hause fliegen, einen Tag früher als geplant. Während der Anschlag weltweit fast einhellig verurteilt wurde, lobte die irakische Regierungszeitung ath-Thaura (die Revolution) die „Effizienz“ des Attentats.

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