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Rußland: 499 Tage bis zur Marktwirtschaft

Moskau (ap) — Mit der Verabschiedung des radikalen Programms zur Reform des Wirtschaftssystems in 500 Tagen hat sich das russische Parlament am Mittwoch auf Konfrontationskurs gegen den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow begeben. Mit der Umsetzung des sogenannten 500-Tage-Programms zur Überleitung von einer zentralistischen Plan- zur Marktwirtschaft sollte gestern begonnen werden. Der Oberste Sowjet der UdSSR hatte auf Vorschlag Gorbatschows am 19. Oktober einen Plan verabschiedet, der langsamere und weniger radikale Schritte vorsieht.

Rußlands stellvertretender Ministerpräsident Grigori Jawlinski erklärte, das Parlament sollte ein Expertengremium bilden, welches konkrete Schritte auf dem Weg zur Marktwirtschaft ausarbeitet. Er äußerte Zweifel, daß das 500-Tage- Programm — zu dessen Autoren er gehört — in seiner ursprünglichen Form durchgesetzt werden kann. Der 500-Tage-Plan sieht unter anderem vor, daß das Recht der Steuererhebung an die Republiken delegiert wird. Staatliche Monopole sollen aufgehoben und Staatseigentum auf dem „freien“ Markt verkauft werden. Außerdem verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das die Grundlagen für die wirtschaftliche Souveränität Rußlands schafft. Die größte Unionsrepublik übernimmt demnach die Kontrolle über Grund und Boden sowie Rohstoffe auf ihrem Territorium. Ohne Zustimmung der Regierung der Russischen Föderation geschlossene außenwirtschaftliche Verträge sind demnach ungültig.

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