Rundfunk-Kommentar: Viel Lärm um nichts
ARD, ZDF und die Medienpolitik haben sich nicht nur am Donnerstag getroffen - Sie haben sich auch wieder lieb. Das war abzusehen. Und selbst die Zeitungsverleger halten die Klappe.
Steffen Grimberg ist Medienexperte der taz
Danke, danke, danke! Es hat wirklich geklappt, halbwegs jedenfalls: Ruhe ist an der Online-Klagemauer, bis auf weiteres. Und die Privatsendervertreter vom Lobbyverband VPRT können die für ihre Brüssel-Reise bereits gekauften Tickets gegen geringe Gebühr bestimmt stornieren.
Am Donnerstag haben also Vertreter von ARD und ZDF mit der Rundfunkkommission der Länder getagt, der federführende Staatssekretär des federführenden Bundeslandes Rheinland-Pfalz rühmte die "gute Atmosphäre". Alle sind sich "einig, dass es zu einer stufenweisen Vorwegnahme der Brüsseler Ergebnisse" kommen soll, was auf Deutsch heißt, dass die von der EU-Kommission gemachten Auflagen im Verfahren um die Zulässigkeit der Rundfunkgebühr jetzt Schritt für Schritt umgesetzt werden. Die Folge: neue Programme oder Online-Angebote von ARD und ZDF, die heute noch nicht existieren, müssen ein spezielles Verfahren durchlaufen.
Vorbild ist der "Public Value Test" der BBC, der den "öffentlichen Wert" einer solchen gebührenfinanzierten Leistung ermitteln soll. Da aber Deutschland kein Vereinigtes Königreich, sondern ein föderaler Länderhaufen ist, fällt diese Prüfung hier ein bisschen anders aus. Immerhin, drei Stufen sind es in der britischen wie der deutschen Variante: In der ersten müssen die Gremien der Anstalten erklären, wozu das neue Angebot gut ist. In der zweiten dürfen andere "Marktteilnehmer" - also die private Konkurrenz - ihren Senf dazu geben. Und als letzte Klippe entscheiden dann Medienpolitik und Öffentlich-Rechtliche, was daraus folgt. Wer hier am längeren Hebel sitzt, scheint beim deutschen Verfahren allerdings noch reichlich offen.
Dafür ist klar, welche Projekte als Versuchskaninchen über die drei Stufen hoppeln: die Internet-Mediatheken von ARD und ZDF, soweit sie über das Grundangebot hinausgehen, Sendungen sieben Tage nach Ausstrahlung zum Download anzubieten.
Völlig unstrittig ist dagegen der Ausbau der heute schon sendenden Digitalkanäle von ARD und ZDF, gegen den die Privatsendervertreter Sturm laufen: "Vollumfänglich durch den heute geltenden Rundfunkstaatsvertrag gedeckt" seien die, hieß es gestern aus der Donnerstagsrunde. Das Getöse des VPRT sei eben "Klamauk" gewesen.
Auch mit den leidenden Verlegern, die sich von ARD und ZDF "enteignet" sehen, hat die Politik gesprochen: "Kein Wort ist mehr dazu gefallen." Genießen wir die Stille. Sie wird nicht von allzu langer Dauer sein.
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