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■ Rühe will anders rüsten, das Militär läßt ihn nichtRohrkrepierer der Extraklasse

Ring frei für die nächste Runde. Mit dem gestern verkündeten Auftragsstopp für sämtliche Rüstungsvorhaben der Bundeswehr hat Verteidigungsminister Rühe die nächste Runde im Clinch des Ministers mit seiner eigenen Bürokratie eingeläutet. Ab sofort will Rühe jede relevante Ausgabe selber gegenzeichnen – anders sieht er offenbar keine Chance, die Hardthöhe in den Griff zu bekommen.

Als Rühe antrat, verkündete er lauthals, er gedenke nicht, sich die Kürzungsdebatte im Wehrhaushalt von außen aufzwingen zu lassen. Statt dessen werde er den Schrumpfungsprozeß nach eigenen politischen Prioritäten steuern. Endlich einmal ein Minister, der bereit und willens schien, politische Vorgaben zu machen – die interessierte Öffentlichkeit von links bis rechts zollte Rühe die gebührende Anerkennung.

Doch was so schön begann, wurde zum Rohrkrepierer der Extraklasse. Der Jäger 90, das Sparobjekt Rühes, für dessen Einstellung er eine überwältigende öffentliche Unterstützung hatte, wird weiterhin gebaut. Zwar heißt das Teil nun Eurofighter 2000, aber mit diesem Etikettenschwindel ist Rühes Erfolg auch schon beendet. Das bei den unbestechlichen Abteilungen des Verteidigungsministeriums als unsinnig erkannte Aufklärungsflugzeug Lapas wurde offenbar bis gestern weiter gefördert, weil einzelne Beschaffer so weit korrumpiert sind, daß Rühe sie nicht hängen lassen wollte.

Rühe, der ja alles andere als ein Pazifist ist, kämpft wie weiland Don Quijote gegen den institutionalisierten Sachzwang seines Hauses. Immer wenn er ein Projekt, und sei es noch so unsinnig, kippen will, stellt sich nach obligatorischer Prüfung heraus, daß der Ausstieg teurer käme als der Weiterbau. Nicht ganz zu Unrecht fühlt Rühe sich von seiner Bürokratie an der Nase herumgeführt. Als ersten Ausweg versuchte er es mit externen Revisoren, die für ihn einen neutralen Kassensturz machen sollten. Da das scheinbar auch nicht hilft, schließt er jetzt den Tresor erst mal ganz ab. Geld gibt's nur noch von Papa persönlich.

Dabei will Rühe ja nichts anderes, als seine Bundeswehr für den Einsatz in die Krisengebiete in aller Welt fit zu machen – ein Konzept, das allen Militärs das Herz höher schlagen läßt. Doch die Dinosaurier der Rüstungsprojekte aus der Zeit des Kalten Krieges haben ihre eigene Logik. Da sie sich schon immer mehr an Fiktionen denn an Realitäten orientiert haben, kann eine Veränderung der Realität ihnen nichts anhaben. Für die nächsten 20 Jahre rüstet die Bundeswehr weiter gegen den imaginären Feind im Osten. Wahrscheinlich gibt es bis dahin ja wieder eine erneuerte Bedrohungsanalyse, Fiktion eingeschlossen. Jürgen Gottschlich

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