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Ruanda-Milizionäre vor deutschem GerichtFamilie im Ländle und Terror im Kongo

Die Ruander Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni sollen von Deutschland aus als politische Chefs der FDLR-Miliz agiert haben. Hierzulande führten sie ein bürgerliches Dasein.

Da wsr er noch auf freiem Fuß und gab ein Interview in einer christlichen Gemeinde in Rom: Ignace Murwanashyaka im Jahr 2005. Bild: reuters

Ignace Murwanashyaka, der Präsident der FDLR, wurde 1963 in Ruanda geboren. Er kam 1989 mit einem Stipendium nach Deutschland und studierte an der Universität Bonn, wo er sich auch während des ruandischen Genozids 1994 aufhielt. Er zog nach Mannheim, heiratete eine Deutsche und wurde Vater. 2001 promovierte er zum Thema "Geldnachfrage in Südafrika".

Er engagierte sich als Deutschland-Vertreter der Exilpartei RDR (Sammlung für Demokratie und Rückkehr nach Ruanda), die erste politische Organisation der aus Ruanda geflohenen Hutu, in der sich auch flüchtige Täter des Völkermordes sammelten. Aus dieser ging die Palir/Alir (Ruandische Befreiungsarmee) hervor, in der Murwanashyaka für Außenbeziehungen zuständig war. Als die Palir/Alir in den USA als Terrororganisation gelistet wurde, nannte sie sich 2000 in FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) um. Im selben Jahr beantragte Murwanashyaka in Deutschland Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erteilte ihm daraufhin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Zwischen 2001 und 2006 reiste Murwanashyaka mehrfach in den Kongo. Er absolvierte eine Militärausbildung. Bei seiner ersten Reise wurde er zum Präsidenten der FDLR gewählt, der Grund: Anders als viele andere in der obersten Führungsriege hatte er in Hinsicht auf den Genozid eine weiße Weste. Wie ein Staatschef wurde er mit Paraden im Dschungel empfangen. Er verteilte über 250.000 Dollar bar an seine Truppen.

Während seiner letzten Reise 2006 widerrief das BAMF seinen Asylstatus. Das wurde ihm zum Verhängnis: Er landete nach dem Rückflug in Abschiebehaft, kam jedoch wieder frei. Das Gericht belegte ihn mit Auflagen: Er durfte sich nicht mehr politisch betätigen. Als er weiterhin FDLR-Presseerklärungen unterzeichnete, wurden Medien und Politiker aufmerksam. Die Generalbundesanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Am 17. November 2009 wurde Murwanashyaka festgenommen. Sein Asylstatus ist mittlerweile aberkannt.

Straton Musoni wurde 1961 nahe der ruandischen Hauptstadt Kigali geboren und war erster Vizepräsident der FDLR. 1986 kam er mit einem Stipendium zum Studium nach Stuttgart. Bis 1993 studierte er an der Nürtinger FH Landespflege und schloss als Diplomingenieur ab. Von 1995 bis 1996 war er im Aufbaustudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen eingeschrieben. In all den Jahren besaß er für das Studium eine Aufenthaltsgenehmigung. Als 1998 sein erster Sohn geboren wurde und er eine Deutsche heiratete, erhielt er eine befristete Duldung.

Nach Murwanashyakas Wahl zum FDLR-Präsidenten 2001 wurde Musoni Vize und war vor allem für Finanzen zuständig. 2007 wurde er vom UN-Sanktionsausschuss im Zusammenhang mit Verletzungen des geltenden Waffenembargos gegen bewaffnete Gruppen im Kongo genannt, dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg wurde eine Geldwäscheverdachtsanzeige vorgelegt. Das LKA begann daraufhin zu ermitteln. Während es nach Beweisen suchte, ging Musoni im Justizministerium in Stuttgart ein und aus, um die Computer zu warten. Von 2005 bis 2008 war er dort als Mitarbeiter einer EDV-Firma tätig.

Trotz des Verdachts auf Geldwäsche überstand Musoni zwei Zuverlässigkeitsüberprüfungen durch das Justizministerium. Erst nach Medienberichten über die FDLR-Führung in Deutschland wurde er 2008 erneut geprüft - vier Tage später wurde ihm der Zugang zum Justizministerium versagt. Immerhin: Musoni wurde 2009 mit einem politischen Betätigungsverbot belegt, um zu verhindern, dass er Murwanashyakas Stelle einnimmt. Musoni hatte bereits zwei Websites registriert. Auf diesen veröffentlichte er unter anderem Fotos von einem Kindersportfest aus seinem Wohnort Neuffen.

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