Rote Liste der Wirbeltiere: Feldhamster vom Aussterben bedroht
43 Prozent der in Deutschland lebenden Wirbeltierarten sind gefährdet. Akut bedroht sind Hamster, Schreiadler und Kiebitz – Verbesserungen gibt es bei Fischotter und Wolf.
Trotz einiger Erfolge im Naturschutz geht es vielen in Deutschland lebenden Wildtieren schlecht. 43 Prozent der 478 heimischen Wirbeltierarten gelten als gefährdet; 28 Prozent, also 132 Arten, sind aktuell in ihrem Bestand bedroht. Zusammen mit den bereits verschwundenen 32 Arten droht Deutschland damit ein Verlust von einem Drittel seiner Wirbeltierfauna. So steht es in der "Roten Listen der gefährdeten Wirbeltiere Deutschlands", die das Bundesamt am Dienstag vorstellte. Deutschland werde das Ziel der EU, bis 2010 den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen, deutlich verfehlen, kritisierte Naturschutzamtschefin Beate Jessel.
Die Rote Liste wird alle zehn Jahre veröffentlicht; der erste, jetzt publizierte Band betrachtet die Wirbeltiere. Diese machen weniger als 1 Prozent aller Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in Deutschland aus. Besonders bedrohte Wirbeltiere sind der Feldhamster, der Kiebitz, die Bekassine, die Uferschnepfe und der Schreiadler; akut vom Aussterben bedroht sind der Ammersee-Kilch und die Chiemsee-Ränke, die jeweils nur in dem See in Bayern vorkommen.
Allerdings gibt es auch positive Signale. So haben sich - auch ein Erfolg von Naturschutzmaßnahmen - 44 Arten erholt. Dazu zählen der Fischotter, der Biber, der Wolf, der Uhu, der Kranich und der Seeadler. Auch bei Wildkatze, Großem Mausohr, Fransenfledermaus und Seehund haben die Biologen Verbesserungen beobachtet.
Die Ursachen für die Gefährdung der Wirbeltiere sind vielfältig: Hauptursache ist die Intensivierung der Landwirtschaft, die etwa Tieren wie dem Feldhamster immer weniger Rückzugsmöglichkeiten bietet. Zudem werden Feuchtwiesen entwässert, was den dort brütenden Vögeln den Lebensraum entzieht. In den Wäldern wird immer mehr Holz geschlagen und Totholz entfernt, weil die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen steigt; dort lebende Vögel finden dadurch weniger Würmer und andere Nahrung.
Darüber hinaus durchschneiden immer mehr Autobahnen, Straßen und Bahnlinien den natürlichen Lebensraum von Tieren; neue Gewerbe- und Siedlungsgebiete zerstören ihn ganz. Auch der Klimawandel bedroht die Tierarten in Deutschland. Wie stark, ist aber unklar. "Bei einer Erwärmung um 2 Grad rechnen wir mit einem Verlust von 5 bis 30 Prozent der Arten", so Jessel.
Besondere Schutzmaßnahmen in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft fordert Jessel für den Feldhamster. "Ackergebiete, in denen noch Feldhamster leben, dürfen nicht völlig ausgeräumt werden." Zudem seien mehrjährige Kulturen und krautreiche Ackerrandstreifen nötig, damit die Tiere ausreichend Wintervorräte sammeln können. Von der neuen Bundesregierung fordert Jessel ein "bundesweites Wiedervernetzungskonzept" für Tiere. So durchschneide etwa die Ostsee-Autobahn A 20 zahlreiche Flusstäler. Der Bau von sogenannten Wildbrücken über Straßen habe viel geholfen, sei aber aufwendig.
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz forderte mehr Geld für den Artenschutz und ein Umdenken in der Landwirtschaft. Nur so lasse sich ein "Tod auf Raten" bei einstmals großen Tierbeständen verhindern.
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