■ Lemwerder und die Folgen: Rot-grüner Riß
Die politischen Auswirkungen der Schließungspläne für das Dasa-Werk Lemwerder belasten zunehmend die rot-grüne Koalition in Niedersachsen. Die Grünen warnten Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) am Sonntag vor einem Koalitionsbruch im Falle zu großer Zugeständnisse bei Militärprojekten. Über Ausmaß und Notwendigkeit der Unterstützung derartiger Projekte, wie sie Schröder nach dem gescheiterten Spitzengespräch zum Erhalt des Werks angedeutet hatte, gebe es „unüberwindbare Differenzen“. Die Weiterführung des Projektes Jäger 90 ist für die Grünen „nicht tolerierbar“.
Am Sonnabend hatte Trittin das rot-grüne Klima in Rüstungsfragen als „sehr gereizt“ bezeichnet. Wer den Erhalt des Dasa-Werkes in Lemwerder mit seinen größtenteils zivilen Aufträgen mit neuen Rüstungsaufträgen verknüpfe, „spielt das Spiel der Dasa-Geschäftsführung“, sagte Trittin. Schröder hatte am Freitag wegen der geplanten Dasa-Schließung die Zustimmung zu militärischen Projekten ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Auch beim Bau des umstrittenen „Eurofighters“ – eines abgespeckten Jägers 90 – hatte sich der SPD-Politiker für eine Neubewertung des Militärprojekts ausgesprochen, wenn dieses technisch und finanziell realisierbar sei.
Der SPD-Landesvorsitzende Johann Bruns forderte die Grünen auf, sich nicht gegen den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie zu stellen. Die SPD in Niedersachsen werde mit Nachdruck darauf drängen, daß niedersächsische Rüstungsbetriebe in Lemwerder und anderswo „ihren Anteil“ an den Rüstungsaufträgen des Bundes bekommen, sagte Bruns am Montag. Dies gelte vor allem, wenn die Bundesregierung endlich ihre Entscheidungen über eine Modernisierung der Ausrüstung bei der Bundesluftwaffe getroffen habe.
Bruns betonte mehrfach die Bedeutung militärischer Aufträge für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Lemwerder und bei anderen niedersächsichen Rüstungsunternehmen. Anders sei das von der Schließung bedrohte Dasa-Werk in Lemwerder nicht zu retten. Von dieser Frage hängt vier Monate vor der Landtagswahl der Fortbestand der Koalition ab. „Ich muß eindeutig sagen: Ob wir mit dieser Koalition in den Wahlkampf ziehen, hängt davon ab, ob wir unserer Verpflichtung für die Beschäftigten in Lemwerder gerecht werden“, sagte Bruns.
Zugleich betonte der SPD- chef, daß von Niedersachsen „keine neue Militär- und Abrüstungsstrategie der SPD“ entwickelt werde. Es sei unstrittig, daß die Bundesluftwaffe ihr Material modernisieren müsse, solange es die Bundewehr gebe. Das müßten auch die Grünen einsehen. Die Forderung der Grünen nach einer Umstellung auf zivile Produktion sei sicherlich grundsätzlich völlig richtig. Kurzfristig sei dies aber am Beispiel Lemwerder nicht zu erreichen. dpa
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