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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenGrappa und Tränen

Man hätte Wirt sein mögen am Donnerstag, aber nicht irgendeiner. wenn schon, dann vom „Napoli“ Am Wall. Denn dort wurde gefeiert. Und wie! Nein, nicht Rebers hat Barsuhn volltrunken gemacht. Wäre ja auch nicht mehr nötig gewesen. Die CDU wars, die ihren glänzenden Erfolg gegen den Grünen Fücks gefeiert hat. Das ganze Lokal hat gedröhnt unter dem christdemokratischen Gejohle von Nölle und Co. Besonders laut ist dabei der Fraktionschef Peter Kudella geworden. Der hatte schon so ordentlich getankt, daß er der ganzen Kneipe mitteilen mußte: „Schschon siiieben Grabba drin.“

Nicht minder feucht, aber dafür viel weniger fröhlich war der Tag, man ahnt es schon dunkel, bei der SPD. „Es hat geraucht“, das ist die Kurzzusammenfassung der Fraktionssitzung, nachdem die fünf Sozis gegen Fücks gestimmt und damit dem Bürgermeister ordentlich eins vors Schienbein getreten hatten. Besonderes Objekt des Ärgers: Reinhard Barsuhn, immerhin Fraktionsvize. Ob er denn nicht mal daran denken würde, sein Amt niederzulegen, fragten ihn gleich eine ganze Armada von Abgeordneten. Ein zweiter Vorsitzender, der zwar Geld für seinen Vorsitz kassiert, aber die Fraktion nicht mehr hinter sich habe, ärgerten sich vor allem Detmar Leo, Traude Hammerström, Elke Steinhöfel, Ilse Mehrkens und Barbara Noack. Jetzt sei er reif.

Ist er aber wahrscheinlich nicht, und das hat auch einen Grund: sozialdemokratisches Muffensausen. Wenn Barsuhn und seine Spießgesellen jetzt abserviert werden, wer garantiert dann, daß die nicht schon am nächsten Tag eine AfB-Fraktion in der Bürgerschaft aufmachen? Und daß es dann die Partei womöglich vollends zerreißt. Denn schließlich hatten die Abweichler immer noch Feuerschutz in der Fraktion. Bürgerschaftspräsident Dieter Klink nämlich hatte eine ganz besondere Verarbeitung des Desasters anzubieten: Er machte Wedemeier an, warum der nicht Fücks zum Rücktritt habe bewegen können. Dann wäre der ganze Ärger nicht passiert.

„Kühlen Kopf bewahren“, war die Parole der Parteivorsitzenden Tine Wischer. Und Fraktionschef Claus Dittbrenner schluckte, und zwar seine Tränen runter. Der war so fertig, daß ihm das Wasser die Backen runterlief. Aber er sagte: „Wir sollten mal ne Nacht drüber schlafen.“ Montag tagt die Fraktion. Ach, die Sozis. Ein echter Parteisoldat kennt keinen Schmerz. Meint Rosi Roland

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