■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Starker Mann ganz schwach
Als starker Mann hatte Ralf Borttscheller am Dienstag mit dem Verbot des kurdischen Vereins „Hevalti“ die Woche begonnen. Doch nun geht der CDU-Innensenator mißgelaunt als gekränkter Verlierer ins Wochenende. Und wer ist daran schuld? – die Polizei!
Die hat ihn nämlich mächtig hängenlassen. Anstatt mit einer Hundertschaft die leergeräumten und versiegelten Hevalti-Räume an der Faulenstraße gegen den naheliegenden Versuch einer Wiederbesetzung zu sichern, hat sie diese Aufgabe einfach einem privaten Wachdienst übertragen. Und als dann am Mittwoch 200 kurdische DemonstrantInnen vor der Tür auftauchten, da nahmen die beiden Wachmänner reißaus. Polizei war auch nicht zu sehen, die Besetzung also eine Kleinigkeit.
Noch gestern hat Borttscheller geschäumt und den liberalen Bremer Polizeipräsidenten Rolf Lüken telefonisch zur Schnecke gemacht. Hätte der nämlich eine Wanne voll Polizei vor die Hevalti-Räume gestellt, hätte es keine Besetzung gegeben. Und ohne Besetzung keine Neugründung des Kurden-Vereins. Und Borttscheller wäre die Peinlichkeit erpart geblieben, in der nächsten Woche die bei Hevalti mit soviel Trara beschlagnahmten Musikinstrumente und Folklorekleider zurückgeben zu müssen.
Warum aber hat bloß die Polizei ihren Senator so blamiert? Theorie eins: aus Unfähigkeit. Weil das Hevalti-Verbot so geheim vorbereitet worden ist, wußte noch nichtmal die Schutzpolizei davon. Und weil die Kripo anschließend vergessen hat, sie auf dem Dienstweg zu informieren, war sie auch nicht vor Ort, um eine Wiederbesetzung der Vereinsräume zu verhindern. Theorie zwei: aus Gemeinheit. Die Polizei will keinen starken Mann über sich und ließ deshalb den Innensenator mit seiner Privatrache an „Hevalti“ auflaufen.
Wahrscheinlich sind beide Theorien richtig. Denn von Polizeipräsident Lüken ist der Stoßseufzer verbürgt, man habe „keine 20 Beamten übrig, um Tag und Nacht vor dem Verein rumzustehen“. Und Lüken war es auch, der persönlich bei der AfB anrief, um sie zur Beteiligung an Verhandlungen mit der von Borttscheller gerade verbotenen „Volkstanzgruppe der PKK“ einzuladen.
Am liebsten hätte Borttscheller Lüken gleich gestern gefeuert. Doch auch damit blieb ihm die Lieblingsrolle als starker Mann verwehrt. Der Polizeichef ist nämlich in Bremen – anders als in anderen Bundesländern – kein politischer Beamter. Zum Glück, findet Rosi Roland
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