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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenPssst! Sollte unterbleiben!

Beschlußvorlagendes Bremer Senats sind in der Regel vertraulich, auch wenn das nicht daraufgestempelt ist. Routinegemäß gibt es da einen Spiegelstrich: „Öffentlichkeitsar-beit“, da steht „nach Beschlußfassung“ oder „nicht geeignet“ oder etwas anderes harmloses. Unter einem Senatsbeschluß vom 30. April taucht da eine ganz sonderbare Formulierung auf: „sollte unterbleiben“. Wie die großen „VERTRAULICH“-Stempel beschleunigt sowas die Triebwerke eines jeden Fotokopierers.

Es geht bei dieser Senatsvorlage eigentlich um nichts von Bedeutung, die Änderungsanträge der Grünen zum Staatsgerichtshofgesetz. Diese Änderungsanträge hatte die Bürgerschaft nach der ersten Lesung des Gesetzes am 25.1.1996 an die Justiz-Deputation zur näheren Beratung überwiesen. Nun sollten sie mit dem Ergebnis der Beratung zurück in die zweite Lesung ins Landesparlament gehen. Nichts also, dessen Veröffentlichung „unterbleiben sollte“, eher ein interner Vorgang, der niemanden interessiert.

Unterbleiben sollte aber, so der Vermerk des Justizsenators, daß dieses Verfahren der Bremer Verfassung widerspricht. Als die Bürgerschaft am 25.1. die Änderungsanträge an die Deputation überwies, da „war dem Plenum der Bürgerschaft offensichtlich nicht genügend klar, daß die Reform der Landesverfassung die Deputationen zu bloßen Verwaltungsausschüssen gemacht hat. Somit können sie unter keinem Gesichtspunkt mehr in das Geschäft der Gesetzesberatungen einbezogen werden...“, stellt der Justizsenator fest.

Die Sache hat Geschmack: Hundert Abgeordnete in der Bremer Bürgerschaft, die die eigene Verfassung nicht kennen! Ausgerechnet beim Gesetz über den Bremer Staatsgerichtshof also eine Verletzung der Verfassung! Und ein Justizsenator, der feststellt, daß hier „in einer von der Verfassung nicht mehr gedeckten Weise“ verfahren wurde und den Mantel des Schweigens darüberzudecken empfiehlt: „Öffentlichkeitsarbeit sollte unterbleiben“.

Um ein korrektes Verfahren zu ermöglichen, müßte die Bürgerschaft einfach Ausschüsse anstelle der Deputation einrichten. Das macht einen kleinen, aber feinen Unterschied: In Ausschüssen würden nur Parlamentarier sitzen, mit den Deputations-Sitzen können die Parteien derweil ihr verdientes Fußvolk bedienen, also Ehre und etwas Geld unters niedere Parteivolk bringen.

Das schmiert den Parteiapparat, das kann nicht schlecht sein. Der Senat hat Recht, die Veröffentlichung dieses Vorganges „sollte unterbleiben“, findet auch Ihre Rosi Roland

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