■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Warum Krischer gehen mußte
Ruckzuck war er weg, der forsche neue STN-Atlas Chef Gerhard Krischer (57). Im Juli 1997 war der gelernte Autoteile-Händler an die Spitze des Bremer Rüstungs-Elektronik-Konzerns gekommen, schickte die komplette Führungsriege in die Wüste und präsentierte sich vor der Belegschaft mit dem Satz: „Ich bin grundsätzlich ein netter Mensch, auch wenn ich Blut vergießen muß.“An die 100.000 Mark soll Krischer für seine Arbeit im Monat verdient haben. Alle hielten die Luft an, der Betriebsrat stimmte einem Sozialplan zu, in dem ein Stellenabbau von 470 Köpfen geregelt wurde.
Nach 8 Monaten ging er mit ca. 2 Millionen Mark Abfindung für die restlichen 4 Jahre seines Vertrages in die Wüste. Warum er wirklich gehen mußte, hat auch der STN-Aufsichtsrat nie erfahren – zwei Stunden vor der Aufsichtsratssitzung nämlich hatten Krieschers Anwälte sich über die Abfindung geeinigt. Da brauchte das „einvernehmliche Ausscheiden“nur noch mitgeteilt zu werden.
„Unterschiedliche Auffassungen in der Führung des Unternehmens“war die offizielle Begründung des Düsseldorfer Rheinmetall-Konzerns. Damit konnte jeder was anfangen: Krischer hat als eiserner Besen die Belegschaft und auch führende Management-Kräfte verärgert. Aber das kann ja nicht alles gewesen sein.
Vier Wochen hielt die Konzernspitze absolut dicht, nun empfehlen wir den STN-Aufsichtsräten das „Manager-Magazin“aus Düsseldorf, dem Firmensitz des Mutterkonzerns Rheinmetall. Konzernchef Hans U. Brauner (63) habe wegen der Bremer Querelen den selbstherrlichen Bremer STN-Chef Krischer mehrfach nach Düsseldorf vorgeladen, schreibt das Blatt. Gegenüber der Firma Kolbenschmidt, die Rheinmetall auch im vergangenen Jahr übernommen hatte, habe sich Krischer, der erfahrene Autoteile-Zulieferer, sogar als Ratgeber angeboten und damit direkt in die Angelegenheiten von Brauner eingemischt, die ihn nichts angingen: Aufsichtsratsschef von Kolbenschmidt war der Firmenchef Brauner selbst.
Endgültig überzogen hatte Krischer nach dem Bericht des Manager-Magazins, als er direkten Kontakt mit der Familie Röchling, den Rheinmetall-Hauptgesellschaftern, aufnahm und „eine Intrige gegen Brauner einzufädeln versuchte“.
Am 17. Februar hatte Gerhard Krischer dann Termin in Düsseldorf, am 18. Februar war er suspendiert. Der Rheinmetall-Konzern ließ es sich ein paar Millionen kosten, das „Ausscheiden im gegenseitigen Einvernehmen“rechtzeitig vor der Bremer STN-Aufsichtsratsitzung hinzubekommen. Brauner ist eben ein netter Mensch, auch wenn er Blut vergießen muß, findet
Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen