■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: SPD jetzt mit Sachverstand
Der Vulkan ist tot, es lebe der Vulkan! Eigentlich soll man die Toten ja nicht für irgendwelche Nützlichkeiten heranziehen. Das geziemt sich nicht. Aber die Krise hat jetzt einen tollen Nebeneffekt. Sie hat der SPD offenbar die Augen geöffnet. Sie fangen an zu kapieren, daß wir hier in Bremen auf dem absteigenden Ast sitzen. Und sie kriegen endlich in ihre regierungsvernebelten Köpfe hinein, daß der hiesige Soz von Wirtschaft kaum Ahnung hat.
Darum haben sich die Genossen jetzt Verstärkung geholt – gegen den geballten Sachverstand des Koalitionspartners. Die Unionisten sind wirtschaftlich zwar auch nicht ganz auf der Höhe, sie haben sich aber den Hattig Josef ins Boot geholt. Und der Ex-Becks-Chef weiß, wie man einen Weltkonzern leiten muß. Das weiß die SPD-Verstärkung zwar nicht. Soll sie aber auch gar nicht. Sie soll vielmehr als graue Eminenz im Hintergrund schalten und walten, referieren und vor allem beraten. Am meisten den Detmar Leo – der ist schließlich bei der SPD für Wirtschaft zuständig.
Der hatte, wie man munkelt, auch gar nicht so viel auszusetzen an der Wirtschaftstrainerin. Schließlich kommt sie vom Handelsblatt – in Deutschland die konservative Ikone der Wirtschaftsberichterstattung. Und dann kennt sie auch noch seit vielen Jahren unsere Hansestadt. Kann man sich eine bessere Übungsleiterin vorstellen?
Eigentlich nicht. Es sei denn man heißt Uwe Beckmeyer und ist SPD-Senator für Häfen und Arbeit. Und den hatte die Verstärkung der Genossen in ihren Handelsblattzeiten doch recht heftig auf dem Kieker. Als Beckmeyer von Großaufträgen beim Vulkanzusammenbruch „träumte“, attestierte ihm die neue Cheftrainerin kurz und bündig „Augenwischerei“. Gern hielt sie ihm und den restlichen Regierungsgenossen auch ein Zitat vom Vulkan-Konkursverwalter Wellensiek vor. Der hatte sich dereinst darüber geärgert, daß man ihn erst „um halb zwei und nicht um fünf vor zwölf“ Uhr gerufen hatte.
Jetzt ist es wieder fünf vor zwölf. Diesmal aber nicht für den Vulkan, sondern für ganz Bremen, und die Spezialdemokraten haben gelernt. Sachverstand muß man sich früh genug ins Boot holen. Im Notfall auch gegen den eingeschnappten und wütenden Beckmeyer. Seit Mittwoch arbeitet die Ex-Bremen-Korrespondentin des Handelsblattes, Hildegunde Krawinkel, als SPD-Wirtschaftsreferentin. Daß es noch nicht halb zwei ist, wünscht Ihnen
Ihre Rosi Roland.
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