Rosa-Luxemburg-Stiftung: Streit über Kündigung
In einem offenen Brief fordern Wissenschaftler einen besseren Umgang mit Mitarbeitern im Ausland. Die Stiftung rechtfertigt sich.
In einem offenen Brief, der der taz und NDR Info vorliegt, fordern die Wissenschaftler von der Stiftungsleitung, das Recht der Angestellten auf gewerkschaftliche Organisierung weltweit zu respektieren und auch in den Auslandsbüros die deutschen Standards des Kündigungsschutzes anzuwenden.
„Die Rosa-Luxemburg-Stiftung darf sich keinesfalls den schlechteren Arbeitnehmer_innenschutz in anderen Ländern zunutze machen, um die in Deutschland gesetzlichen Bestimmungen zu umgehen“, heißt es in dem Brief. Gewerkschaftliche Solidarität dürfe nicht an den Grenzen des Nationalstaats aufhören.
Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören unter anderem Birgit Mahnkopf, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der RLS, und der Erziehungswissenschaftler und Publizist Micha Brumlik sowie mehrere Vertrauensdozenten und Stipendiaten der Stiftung.
Kündigung wegen schwachen Eurokurses
Die taz und NDR Info berichteten Anfang Juli über die Arbeitsbedingungen im New Yorker Büro der RLS. Die Linken-Stiftung beschäftigt ihre Angestellten dort ohne Kündigungsschutz. Die Mitarbeiterin, die gewerkschaftlich Protest dagegen organisiert hatte, wurde entlassen.
Die Stiftung bestreitet einen Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem gewerkschaftlichen Engagement. Der Mitarbeiterin sei betriebsbedingt wegen des schwachen Eurokurses gekündigt worden, so die offizielle Version. Das Fehlen des Kündigungsschutzes und anderer Arbeitnehmerrechte begründete die Rosa-Luxemburg-Stiftung mit dem sogenannten Prinzip der Ortsüblichkeit, das besagt, dass sich deutsche Stiftungen im Ausland an die Standards vor Ort halten müssten.
Auf Anfrage hat die RLS diese Aussage nun konkretisiert. „Grundsätzlich gilt für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, dass sie die unter den jeweiligen Bedingungen vor Ort bestmöglichen Arbeitsbedingungen für ihre Angestellten aushandelt“, heißt es. Dies sei häufig nicht einfach, da sich die Stiftung an den Richtlinien des Entwicklungsministeriums und des Auswärtigen Amtes zu Ortsüblichkeit, an die Gesetze vor Ort und die Vorgaben der deutschen Botschaften halten müsse.
Auch betont die Stiftung, dass Ortskräften „selbstverständlich gewerkschaftliche und andere Organisationsrechte eingeräumt“ würden und ihre Arbeit unterstützt würde. Im Konfliktfall stünden den Mitarbeitern mehrere Ansprechpartner zur Verfügung: Die Büroleitungen, die zuständigen Referenten mit Sitz in Berlin und die Leitung des Auslandsbereichs der RLS. Auch gebe es einen Ombudsmann für Auslandsmitarbeiter.
Vorwurf der mangelnden Unterstützung
Nach weiteren Recherchen von taz und NDR Info beklagen ehemalige und aktuelle Mitarbeiter von RLS-Auslandsbüros, die nach eigenen Angaben ebenfalls Probleme mit der örtlichen Büroleitung hatten, eine mangelnde Unterstützung der Berliner Stiftungszentrale. Vor allem in Ländern mit niedrigem Arbeitnehmerschutz seien Mitarbeiter machtlos der örtlichen Büroleitung ausgeliefert. Bei Konflikten hätten sie innerhalb der Stiftung kein Sprachrohr.
Neben besseren Arbeitsbedingungen verlangen die Wissenschaftler in ihrem Brief daher auch eine starke Vertretung für die Mitarbeiter der Auslandsbüros in der Berliner Zentrale: „Wir fordern die Stiftung dazu auf, bei Arbeitskonflikten eine transparente und solidarische Form der Auseinandersetzung zu gewährleisten, bei der alle Seiten gehört werden.“ Dabei seien neutrale unabhängige Organisationsberater einzusetzen.
„Es ist ein Unding, dass man im Fall New York eine Gewerkschaftsaktivistin entlassen hat, die zu keinem Zeitpunkt die Gelegenheit hatte, bei der Zentrale in Berlin die eigene Perspektive einzubringen“, sagt Daniel Loick, Vertrauensdozent der RLS und Initiator des offenen Briefs.
„Man muss sich schon fragen, ob die Stiftung alles getan hat, den Konflikt auf faire und solidarische Weise zu schlichten.“ Sein offener Brief war laut Loick erst mit mehrtägiger Verzögerung an die wissenschaftlichen Mailverteiler der RLS weitergeleitet worden – mit einer eigenen Erklärung der Stiftung zu den Vorgängen im Anhang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich