■ Roman Herzog auf Tour – zum Ende seiner Afrikareise: Afro-Optimismus und Afro-Realität
Zwei Wochen lang war Bundespräsident Roman Herzog in Afrika – eine ungewöhnlich lange Zeit für einen Staatsbesuch, der drei Länder umfaßte. Die Zeit hat der Präsident, der erstmals Afrika bereiste, gut genutzt. Vor allem in seiner Rede vor der „Organisation für Afrikanische Einheit“ (OAU) wandte sich Herzog gegen die „undifferenzierte Schwarzmalerei“ des modischen Afro-Pessimismus. Beim Thema Zusammenarbeit zog er eine Linie, hinter die die deutsche Afrikapolitik nicht mehr zurückweichen kann: „Wir streiten heute nicht mehr darüber, daß sich die Wirtschaft nur in einem stabilen demokratischen Umfeld entfalten kann, in dem die Menschenrechte und sozialen Grundrechte garantiert werden.“ Und kompetent fachsimpelte der Staatsrechtler auch über die Schwierigkeiten der Verfassungsfindung.
Beließe man es dabei, müßte Herzogs Reise nach Uganda, Äthiopien und Eritrea ohne Abstriche als Erfolg gelten. Es liegt aber auch in der Natur der deutschen Afrikapolitik – die anders als die mancher Länder keine afrikanischen Hinterhöfe zu verteidigen hat –, daß sie noch immer zu sehr als Entwicklungspolitik daherkommt, die Projekte verwirklichen will, und zu wenig als Außenpolitik, die mit bestehenden diplomatischen Gegebenheiten umgeht.
Natürlich werden vor allem die Regierungen solcher Länder, die Herzog nicht besucht hat, ein deutliches Signal aus dem Umstand herauslesen, daß der deutsche Präsident ausgerechnet drei Länder besucht, deren Regierungen mit militärischen Mitteln an die Macht gekommen sind und sich seit ihrer Machtergreifung keiner demokratischen Wahl gestellt haben – mögen sie auch oft eine bessere Politik machen als viele mit demokratischen Weihen versehene Herrscher. Natürlich bleibt es auch nicht unbeachtet, daß Uganda, Äthiopien und Eritrea in der afrikanischen Geopolitik einen Block bilden. Sie sind allesamt „Frontstaaten“ gegenüber dem international immer weniger geliebten Sudan. Zumindest Uganda gilt auch als Partei zugunsten der Tutsi in den Konflikten Ruandas und Burundis. An Sudans Grenzen wächst die Kriegsgefahr, und im Gebiet um Ruanda herrscht eine äußerst polarisierte Hetzstimmung. So werden viele Beobachter in diesen beiden Konflikten Anlaß haben, die Herzog-Reise ins eigene Weltbild einzuordnen. Ob Bonn darauf eine Antwort hat? Auch die schönste und beste Staatsreise kann sich realen Konflikten nicht unbegrenzt entziehen. Dominic Johnson
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