"Rohrbomben" am 1. Mai: Aufregung über Sprengsätze verpufft
Die am 1. Mai deponierten Rohrbomben waren ungefährlich, wie Tests der Polizei nun ergeben haben. Der Innensenator verzeiht der Polizeichefin die Kommunikationspanne.
Am Ende machte es „puff“. Die drei Rohrbomben, die vergangene Woche am Rande der revolutionären 1. Mai Demonstration gefunden worden waren, haben sich als ungefährlich erwiesen. Sprengstoffexperten des Landeskriminalamts haben am Donnerstag eines der 40 Zentimeter langen Alurohre ferngezündet. Das im Rohr enthaltene Material sei langsam und gleichmäßig verbrannt, teilte die Polizei mit. „Es entstand weder eine Explosion noch nennenswerter Rauch oder sichtbare Flammen“. Die beiden anderen baugleichen Aluminiumrohre würden weiterhin auf Spuren untersucht.
Die wegen ihres Krisenmanagements in die Kritik geratene amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers kann sich durch dieses Ergebnis in gewisser Weise bestätigt fühlen. Koppers hatte Parlament und Öffentlichkeit erst am Montag von den Funden informiert. Zur Begründung hieß es, sie habe keine Hysterie schüren wollen, solange nicht klar sei, ob die Bomben zündfähig seien. Nicht nur dass die Polizei die Bevölkerung so spät informiert hatte war Koppers vorgeworfen worden. Sie hatte es auch versäumt, Innensenator Frank Henkel (CDU) frühzeitig persönlich über die Bombenfunde zu informieren. Was die Kommunikation mit Henkel betrifft, hat Koppers inzwischen Fehler eingeräumt. Henkel teilte am Donnerstag mit: „Dabei will ich es bewenden lassen.“
Die drei Alurohre waren am 1. Mai zwischen 20.00 und 22.00 Uhr von Beamten entlang der Route der revolutionären 1.-Mai-Demonstration gefunden worden. Einsatzkräfte hatten die Rohre zuerst für selbstgebaute Chinakracher gehalten. Erst eine Untersuchung der Kriminaltechnik am 3. Mai hatte laut Polizei ergeben, dass die Rohre mit Chloratzuckergemisch und nicht mit Schwarzpulver gefüllt waren.
Justiz zeitgleich informiert
Die Nachricht, dass die Bomben ungefährlich sind, traf am späten Donnerstagnachmittag ein. Die aktuelle Fragestunde im Abgeordnetenhaus war da schon vorbei. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt, hatte sich zuvor bei Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) erkundigt, wann die Staatsanwaltschaft von den Rohrbomben erfahren habe. Heilmann sagte, das wisse er nicht. Seine Sprecherin teilte der taz später mit, dass die Staatsanwaltschaft am Montag zeitgleich mit der Sitzung des Innenausschusses von der Polizei Kenntnis bekommen habe. Im Hause des Justizsenators habe es darüber keine Aufregung gegeben.
Dass sich Kritiker in den vergangenen Tagen zunehmend auf Koppers eingeschossen hatten, bezeichnete der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber am Rande der Plenarsitzung „als Stellvertreterkrieg“. Es gebe „Leute im Busch“, die wollten Koppers bei der Bewerbung auf den Posten des Polizeipräsidenten schaden. „Frau Koppers macht einen sehr guten Job“, meint Schreiber. Die Versäumnisse im Rohrbombenfall werde ihr nicht zum Nachteil gereichen.
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