Röttgen bleibt wohl Minister: Realitätsverweigerer mit Siegerimage
Der Frage, ob er auch als Oppositionsführer nach NRW ginge, weicht Röttgen aus. Einst hat er es bei der Kampfkandidatur um den Landesvorsitz versprochen.
BERLIN taz | Theoretisch könnte die vorgezogene Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen für Norbert Röttgen die größte Chance seiner Karriere sein. Wenn er die Partei im größten Bundesland zurück an die Macht führen würde, womöglich gar in einer von ihm schon lange angestrebten Koalition mit den Grünen, wäre er seinem Ziel, Angela Merkel eines Tages an der Spitze von Partei und Staat zu beerben, ein gutes Stück näher gerückt.
In der Praxis stehen die Chance dafür aber schlecht, denn die Umfragewerte bieten derzeit keine realistische Möglichkeit für die Union, in NRW den Regierungschef zu stellen. Und damit könnte sich die Chance für Röttgen schnell zum Risiko wandeln.
Nicht nur weil eine Niederlage im kaum zu Röttgens sorgfältig gepflegten Sieger-Image passen würde und auch seinen Einfluss im Bund schwächen könnte – Renate Künast lässt grüßen. Sondern auch, weil er dann zu einer Entscheidung gezwungen würde, bei der er nur verlieren kann: Geht er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf?
Nicht nur die Opposition macht Druck und fordert, der Umweltminister müsste vor der Wahl eine klare Ansage machen. Auch in der Bundesregierung wird nach Angaben aus Regierungskreisen erwartet, dass sich Röttgen eindeutig erklärt. „Wenn er nicht auch bei einer Niederlage in Nordrhein-Westfalen bleiben würde“, heißt es in FDP-Kreisen, „wäre das schwach“. Wobei das Kalkül klar ist: Mit Röttgens Weggang verlöre FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler seinen wichtigsten Gegenspieler in der Energiepolitik.
„Umfassende landespolitischer Verantwortung“
Röttgen selbst weicht einer Antwort bisher offensiv aus. Diese Frage stelle sich derzeit nicht, antwort er etwas realitätsverweigernd, wann immer ihm genau diese Frage gestellt wird. Vor eineinhalb Jahren waren seine Aussagen dazu noch klarer: Er sei zu „umfassender landespolitischer Verantwortung“ bereit stehe für jedes Amt zur Verfügung, „auch als Oppositionsführer“ hatte er im Herbst 2010 erklärt.
Damals konkurrierte Röttgen mit dem Landespolitiker Armin Laschet um das Amt des CDU-Landesvorsitzenden und kämpfte gegen das Bild, ein Berliner Kandidat mit wenig Bezug zum Land zu sein. Auch nachdem er sich vor einem Jahr knapp gegen Laschet durchgesetzt hatte, betonte er seine Bereitschaft, „da zu dienen, wo die Partei mich hinstellt“.
Dass Röttgen wirklich Oppositionsführer in Düsseldorf wird, gilt als extrem unwahrscheinlich. Da bietet das Amt des Bundesumweltministers doch sehr viel mehr Profilierungschancen. Doch ob das in der Partei gut ankäme, scheint fraglich. Denn mit seiner Kampfkandidatur um die Parteiführung hat sich Röttgen im Land auch viele Gegner geschaffen.
Der damalige Gegenkandidat und heutige NRW-Fraktionsgeschäftsführer Armin Laschet, der stets betont hatte, wie wichtig die Präsenz eines Landesvorsitzenden in der Landeshauptstadt sei, äußerte sich am Donnerstag auf Anfrage nicht zu Röttgens Lavieren.
Ein anderer intimer Kenner der Partei, der anonym bleiben will, sieht Röttgens Position gefährdet. „Wenn das Ergebnis schlechter wird als bei der letzten Wahl“ – damals hatte die CDU knapp 35 Prozent bekommen – „dann wird in der Partei schon Gebrummel aufkommen, wenn er nicht bleiben will, um vor Ort an einer Verbesserung zu arbeiten.“
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