■ Ritter der Heimerziehung?: Unseriöser Trick
Wer wollte Jugendsenator Krüger widersprechen, wenn er die Heimerziehung abbauen will? Das ist seit Jahren überfällig. Seit Ulrike Meinhof 1970 ihren Film „Bambule“ drehte, hat sich nur wenig an den Zuständen in den Heimen geändert. Heimerziehung ist pädagogisch unsinnig und kostet die Stadt jährlich 600 Millionen Mark. Doch damit ist die Gemeinsamkeit aller Beteiligten bereits am Ende. Wenn der Jugendsenator behauptet, ein zentraler Landesträger sei notwendig, weil die Bezirke beim Abbau der Heime versagt hätten, dann sagt er nicht einmal die halbe Wahrheit. Tatsächlich gibt es durchaus den Willen in den West- wie Ostbezirken, mehr ambulante Maßnahmen oder Jugendwohngemeinschaften zu fördern. Allein, über achtzig Prozent der Mittel fließen in die Heimerziehung. Mehr noch: Von den 58 Millionen Mark, die für andere Maßnahmen überbleiben, erhalten die Ostbezirke – wo es die meisten Heime gibt – magere fünfzehn Prozent. Die Möglichkeiten der Bezirke zur Umsteuerung bleiben also gering. Hinzu kommt, daß die Senatsjugendverwaltung den Bezirken seit mehreren Jahren Ausführungsvorschriften vorenthält, welche Alternativen sie finanzieren dürfen. Die Schuldzuweisung, mit der Krüger eine zentrale Verwaltung rechtfertigt, fällt also auf ihn selbst zurück. Er bleibt auch die Antwort schuldig, was der Landesträger anders machen kann als die Bezirke – es sei denn, es gibt eine Umsteuerung der Mittel. Was bleibt, ist das Musterbeispiel einer Arbeitsbeschaffung in der Hauptverwaltung und eine Zentralisierung, die ahnen läßt, welche Entmachtung den Bezirken durch die Verwaltungsreform droht. Um Jugendliche geht es bei dieser Trickserei mit doppeltem Boden nur nachrangig. Gerd Nowakowski
Siehe auch Bericht Seite 18
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