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Risse an RohrenTeil-Baustopp an AKW in Finnland

Beim umstrittenen Neubau des Atomkraftwerks im finnischen Olkiluoto wurden Risse entdeckt. Umweltschützer fordern völligen Baustopp.

Das AKW Olkiluoto gilt als Prestigeprojekt. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Beim umstrittenen Neubau des Atomkraftwerks (AKW) im finnischen Olkiluoto hat die Strahlenschutzbehörde STUK am Dienstag einen teilweisen Baustopp angeordnet. An Rohren des primären Kühlkreislaufsystems waren millimetertiefe Risse entdeckt worden. Da es sich laut Petteri Tiippana von der STUK hierbei "um das wichtigste Rohrsystem im gesamten AKW" handelt, müsse jetzt untersucht werden, ob es sich bei diesen bis zu zwei Millimeter tiefen Rissen nur um eine oberflächliche Rissbildung an den acht Zentimeter dicken Rohren handelt oder ob sich diese auch tiefer im Material finden. Auch müsse erst geklärt werden, wie es zu diesen Rissen gekommen sei und warum diese erst jetzt festgestellt worden seien. Bis dahin werde die Behörde einen Weiterbau an diesem Komplex des Reaktors untersagen.

Greenpeace fordert dagegen einen umfassenden Baustopp. Die Regierung müsse den Weiterbau verbieten, bis alle bisherigen Mängel an diesem Neubau untersucht worden seien, betonte Lauri Myllyvirta von Greenpeace Finnland. Schließlich gingen von einem AKW Gefahren für Leben und Gesundheit von Millionen von Menschen aus. Das Baukonsortium habe nunmehr zur Genüge bewiesen, dass es nicht über das notwendige Sicherheitsdenken und die Qualifikationen verfüge, um den weltweit größten Atomreaktor bauen zu können.

Areva-Siemens, die in Finnland den Prototyp einer neuen Reaktorlinie, den EPR ("Europäischer Druckwasserreaktor"), errichten wollen, sind seit Beginn der Bauarbeiten im Jahre 2005 mehrfach wegen Mängeln und Verstößen gegen die Bauvorschriften kritisiert worden. Im Fundament war fehlerhafter Beton verbaut worden, beim Skelett des Reaktorgebäudes waren vorschriftswidrige Schweißarbeiten vorgenommen worden und Stahlelemente im Reaktorschutzbehälter waren mangelhaft. Auch bei einem anderen EPR-Neubau, dem im französischen Flamanville, hat es Probleme gegeben.

Dabei gilt Olkiluoto als Prestigeprojekt. Britische Medien berichteten nun am Wochenende von wachsenden Zweifeln im Zusammenhang mit den Plänen der französischen EDF, in Großbritannien vier EPR-Reaktoren von Areva errichten zu wollen. Von einem "unerwarteten und potenziell verheerenden Schlag" schrieb der Independent: "War doch eines der wichtigsten Verkaufsargumente der neuen europäischen Druckwasserreaktoren, dass ihre Sicherheitssysteme wesentlich besser sein würden als die in den aktuellen Reaktoren."

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9 Kommentare

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  • M
    Maiblume

    h@llo bernhard: also ich glaube, sogar nur die hälfte würde für suomi (finnland) schon reichen :-))

     

    denn deine windraddichte ist schon sehr extrem, finde ich. naja, war wohl. evtl. auch eher provokativ gedacht, um leute wie unserern 'bürger' ein bisschen zu kitzeln. andererseits könnte auch ein großer teil der extrem windreichen ostsee vor der finnischen südwestküste für mehrere tausend offshore windräder genutzt werden.

     

    mit wintergartenvorbauten und wärmeisolierungsmaßnahmen könnten die finnInnen übrigens auch viel energie sparen.

     

    und einige industriezweige haben dort eigentlich gar nix verloren. die sollten - ökologisch vernünftig gedacht - mithilfe von solaröfen, wie einer schon seit ca 1970 in südfrankreich läuft, arbeiten. dann bräuchte finnland nicht einmal die hälfte des jetzigen stroms.

     

    finnland könnte stattdessen stärker auf tourismus als erwerbsquelle setzen. auch evtl. auf export von wild-fleisch (allg. finde ich sollten die leute weniger fleisch essen, stattdessen dann mehr wild statt von gefangenen tieren).

  • BG
    Bürger G.

    ohhhh..... wenn angeblich fehler bei Kühlleitungen aufgetreten sind, dann MÜSSEN diese Fehler behoben werden, weil sonst das Ding nicht ans Netz geht! Unabhängige Gutachter prüfen dies und der Betreiber TVO wird mit sicherheit kein Kraftwerk ans netz gehen lassen, dass fehler hat..... Wie naiv sind manche menschen denn?!

  • BW
    bernhard wagner

    Ich muss der Ehrlichkeit halber zugeben, dass ich mit der Dichte der Geothermiekraftwerke in meinem Szenario ein bisschen übertrieben habe ;o) aber die schönen Zahlen waren doch zu verlockend ;o)

     

    Aber ich glaube BenHur hat da mit 2 GW allein in Finnland sogar noch mehr übertrieben ;o)

     

    Realistisch wäre aber durchaus Folgendes:

     

    Auf einer Fläche von durchschnittlich 32 x 32 km² nur je 1 Geothermiekraftwerk mit ca 3 bis 4 km Bohrlochtiefe und durchschnittlich mehr als 2,5 MW elektr. Leistung zu errichten, ergäbe für Finnland 820 MW. Auf 100 km² durchschnittlich außerdem je 5 Windräder à 2 MW zu errichten ergäbe - sogar bei nur 10% ihrer Auslastung (Teillast & Vollast) - eine zusätzliche Leistung von fast dem 4,1-fachen,

     

    zusammen also 4.180 MW elektrische Leistung (so viel wie durch 4 Atomreaktoren bei Vollbetrieb, aber ohne Atommüll und ohne 'Tschernobyl'-Risiken)

     

    - und dabei ist, wohlgemerkt, die Wärme-Leistung der Geothermie noch gar nicht mitgerechnet!

  • G
    gultimore

    Anders Ausgedrückt: Das der Reaktortyp neu ist, ist keine Erklärung für fehlerhafte Kühlrohre.

     

    Und es ist überaus naiv anzunehmen, dass alle Probleme gelöst werden. Dies ist immer eine Kosten - Nutzungsrechnung, wobei die Baufirma mit allen Mitteln versucht, die Kosten so gering wie nötig zu halten. Besonders bei so einer Kostenexplosion, wie es bei diesem Reaktor der Fall ist, werden immer mehr Wege gesucht, auftretende Probleme zu umgehen, anstatt zu lösen.

  • BG
    Bürger G.

    @gultimore: kann nicht verstehen, was du mit dem kommentar sagen/ausdrücken willst?!

    Seis drum: Wenn es probleme gibt werden sie gelöst, fertig...

  • G
    gultimore

    Interessant, da also der Reaktor neu ist müssen für alle Komponenten neue Fertigungswege geschaffen werden.

     

    Warum Rohre nach vorhandenem Know-How bauen und verlegen, wenn der Reaktor doch nen ganz neuer Typ ist.

     

    Und der Vergleich mit der Brücke ist auch lustig. Kommt es beim ner Brücke zum GAU ist dies zwar Schlimm, aber ein lösbares Problem

    http://www.tagesschau.de/ausland/meldung6618.html

     

    Anders bei nem AKW.

    (Nebenbei zeigt diese Brücke, dass eben nicht alle Probleme lösbar sind, bzw. gelöst werden - Geldfrage)

  • BG
    Bürger G.

    ohhh mannn.... liebe taz, warum widmet ihr so einer sache so viele worte! Der EPR ist das erste Kraftwerk das seit 20 Jahren in Westeuropa gebaut wird, es ist ein völlig neuer reaktortyp! Mensch, ich hab das gefühl, dass Ihr null Ahnung habt, was das technisch bedeutet! Auf jeder großbaustelle (sei es eine Brücke o.ä.) gibt es probleme, ABER diese probleme sind lösbar und da man in der kerntechnik eben sehr hohen wert auf ordnung und sicherheit legt, fallen zum Glück fehler auch auf! Und: man behebt sie! Weshalb wird ein Kraftwerk bei Inbetriebnahme erstmal monatelang geprüft?! Ja um sicher zu sein, dass es i.O. ist! Des weiteren werden die dinge ja auch gerne hochgesielt, dass der angeblich fehlerhafte Beton im nachhinein völlig i.O. war wird ja auch nicht gemeldet!

     

    TAZ?! Wie sieht es denn nun eigentlich aus mit der politisch unabhängigen berichteserstattung?! Redaktionsstatut adé ?!

  • BW
    bernhard wagner

    Stoppt Atomkraft, hopp, hopp, hopp!

     

    Und wenn ich das lese kommt mir folgender Gedanke:

     

    Die EU könnte mit Osteuropa, wozu ich hier auch Finnland mal zähle, einen Deal aushandeln:

     

    Auf den weit über 2 Mio km² zwischen den Karpaten und dem Ural (etwas grob gesagt)

     

    und einem guten Drittel der Fläche von Kasachstan, somit weiteren 2 Mio km²,

     

    nur ein kleines 2 MW Geothermiekraftwerk je 90 km²

     

    ergäbe mehr als 88.888 MW Leistung,

     

    also etwa so viel wie mit 80 Atom-Reaktoren,

     

    ohne jeden Tausende Jahre strahlenden Müll

     

    und ohne jedes Tschernobyl-Risiko.

  • B
    BENHUR

    AKW sind wegen des Mülls und anderer Risiken völlig unverantwortbar - gesunden Menschenverstand vorausgesetzt.

     

    Finnlands Südwestküstenregion - mindestens 400 x 40 km² - ist sehr windreich.

     

    Dort hätten sogar große 3 MW Windräder eine hohe Auslastung.

     

    Nur durchschnittlich 1 Windrad je km² auf diesen 16.000 km² wären dann 48 GW installierte MW .

     

    Zu jedem 10. Windrad auch gleich noch eine 2 MW Tiefengeothermie-Anlage gebaut, ergäben weitere 3,2 GW.

     

    Übers Land verteilt könnten zusätzlich mehrere Hundert Geothermiekraftwerke gebaut werden, die zusammen mindestens noch einmal mehr als 2 GW Strom liefern könnten, und zusätzlich so gut wie den gesamten Wärmebedarf decken könnten, soweit er nicht durch nachhaltig angebautes Holz zu decken wäre ...

     

    Das wäre so viel Energie, dass Finnland den Strom-Export zu einem Hauptwirtschaftszweig machen könnte - mit 100% erneuerbaren Energien.