■ Ringnotizen: Neues aus dem Umland
Die Stärkung des Sozialstaatprinzips und die Erweiterungdemokratischer Beteiligungsrechte will der DGB in das Zentrum der brandenburgischen Verfassungsdiskussion rücken. In einer Presseerklärung sieht der Landesbezirk Berlin- Brandenburg im vorliegenden Entwurf langjährige Gewerkschaftsforderungen durch die Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots und die Erklärung der sozialen Grundrechte auf Arbeit, Wohnen, Bildung, soziale Sicherung und Gleichstellung der Geschlechter zu Staatszielen umgesetzt. Diese Bestimmungen stellten zwar keinen individuell oder kollektiv einklagbaren Anspruch dar, würden jedoch staatlichen Institutionen ein der Verfassungsgerichtsbarkeit unterworfenes Handeln gebieten, daß Auswirkungen auf die Rechtsprechung erwarten lasse. Der DGB- Landesbezirk setzt sich für plebiszitäre Beteiligungsformen als Teil einer lebendigen Demokratie und Mitwirkungsmöglichkeiten langjährig ansässiger Ausländer zumindest im kommunalen Bereich ein.
Der 14. Juni als Termin für den Volksentscheid zu einer brandenburgischen Landesverfassung ist nach Ansicht des CDU-Landesvorsitzenden Ulf Fink »nicht zu halten«. Der von der Ampelkoalition und der oppositionellen PDS eingebrachte Verfassungsentwurf bedürfe tiefgreifender Änderungen und »erheblicher Korrekturen«, damit er von der CDU mitgetragen werden könne, sagte Fink. Zugleich bekräftigte Fink die CDU-Bereitschaft zu »einvernehmlichen Lösungen«. Nach Ansicht Finks ist der brandenburgische Verfassungsentwurf »in Teilen mit dem Grundgesetz unvereinbar«. Es bestünden verfassungsrechtliche und -politische Bedenken beim Arbeits-, Straf-, sowie Ausländer- und Asylrecht. Die Sorgfalt einer gründlichen Beratung und Prüfung sei bei dem vorgesehenen zeitlichen Rahmen nicht möglich, sagte Fink zu der seit über einem Jahr laufenden Verfassungsdiskussion. Er plädierte dafür, den Anfang April vorgesehenen Termin der dritten Lesung zu »korrigieren«. Zuvor soll der Entwurf in der kommenden Woche in einer Sondersitzung des Parlaments in zweiter Lesung behandelt werden.
Kritik an der »überwiegend personalisierten« Vergangenheitsdebatte übt Brandenburgs Bildungsministerin Marianne Birthler (Bündnis 90). Nach ihrer Auffassung kommt in der aktuellen Stasi-Diskussion die »intensive Beschäftigung mit der Geschichte der DDR viel zu kurz.« Das will die Politikerin mit einem Forschungsprogramm »Geschichte, Struktur und Funktionsweise der DDR-Volksbildung« korrigieren. Wie ihr Ministerium mitteilte, wurden jetzt die Leiterposten für das auf zwei Jahre angelegte Forschungsprogramm ausgeschrieben. Es soll in drei Einzelprojekten realisiert werden. Untersucht werden Strukturen und Kontrollmechanismen der früheren DDR-Volksbildung, die Rolle von SED, Blockparteien und FDJ beim Aufbau von Leitungshierarchien sowie der Stellenwert von militärischer Ausbildung. Eine Arbeitsgruppe wird sich den Stasi-Arbeitsweisen in der Schule widmen.
Die Regelung offener Vermögensfragen in Ostdeutschland wird nach Ansicht der Präsidenten der sechs zuständigen Landesämter noch »mindestens zehn Jahre« dauern. Wie sie bei einem Treffen in der Stadt Brandenburg feststellten, ist eine Verkürzung dieser Wartezeiten nur bei einer Personalverdopplung zu erreichen. Derzeit sind in den sechs Zentralstellen sowie den 216 örtlichen Ämtern etwa 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. Nach Angaben des Berliner Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen sind in der Behörde derzeit mehr als 2,6 Millionen Eigentumsansprüche registriert. Im letzten Quartal 1991 ging über eine halbe Million neuer Ansprüche ein. Bis zum Ende des vergangenen Jahres seien lediglich 3,2 Prozent aller Anträge abschließend bearbeitet worden. Auf das Land Brandenburg entfallen mit 1,1 Millionen Ansprüchen die meisten Rückgabeforderungen. Mit einer Erledigungsquote von 2,4 Prozent ist es zugleich Schlußlicht unter den neuen Bundesländern.
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