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Riesen-Betrieb bei Bremen geplantRekord-Kuhstall sorgt für Streit

Bei Bremen sorgen Pläne für einen Milchviehbetrieb mit fast 5.000 Tieren für Streit. Die Bauern in der Umgebung befürchten leere Höfe, Geografen zerstörte Landschaftsbilder.

Proteste gegen den Megastall: Demonstranten auf dem Milchviehbetrieb eines Bauern in Barver. Bild: dpa

BERLIN taz | Landwirte und AnwohnerInnen wehren sich gegen einen Riesen-Kuhstall in Niedersachsen. In Barver südlich von Bremen soll ein Großbetrieb mit 3.200 Milchkühen und 1.500 Zuchtrindern entstehen. Er wäre der größte in ganz Deutschland. Die meisten Betriebe in Niedersachsen halten um die 100 Tiere. Investor Jörn Kriesmann sei "Bauer aus Leidenschaft", sagt er. Schon jetzt stehen in den Stallungen seines Betriebs 1.100 Kühe.

Dass sein Vorhaben auf Ablehnung stößt, ist Kriesmann bewusst. Daher informierte er kürzlich in einem Gasthaus über seine Pläne, denn er braucht die Zustimmung der Öffentlichkeit: Aufgrund der Größe des Vorhabens muss der Gemeinderat zustimmen.

"Die Landwirte in Barver und Umgebung haben Angst, von so einem Riesenbetrieb verdrängt zu werden", erklärt Landwirt Friedhelm Feldhaus, Nachbar von Kriesmann. Er befürchtet leere Höfe und ein ausgestorbenes Barver als Folgen des Großprojekts. "Wir fordern vom Gemeinderat, das Projekt abzulehnen", erklärt er. "Natürlich gibt es Vorbehalte", sagt Hartmut Bloch, Bürgermeister der Samtgemeinde. Es würden bereits Unterschriften gegen das Projekt gesammelt. Am gestrigen Montag protestierten etwa 150 Menschen in Barver gegen den Riesenstall.

"Das Landschaftsbild verändert sich durch landwirtschaftliche Großbetriebe", bestätigt Winfried Schenk, Professor für Geografie an der Uni Bonn. Kleinere Betriebe erhielten vielfältige Landschaften am Leben. Diese verschwänden zunehmend durch Großprojekte. "Wir haben eine Industrialisierung der Landwirtschaft zu verzeichnen, vorangetrieben wird dies durch die EU-Agrarpolitik", sagt Schenk. Großbetriebe seien die Gewinner der EU-Förderung.

Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) beteiligte sich an dem Protest. Die 4.700 Tiere bräuchten etwa 2.000 Hektar Anbaufläche für Futtermais, meint Eckehard Niemann von der AbL. Kriesmann triebe so die Pachtpreise der Region in die Höhe oder er müsse Mais importieren - unter ökologischen Gesichtspunkten sei dies ungünstig. "Zudem würden die fast 5.000 Tiere ausschließlich im Stall gehalten", so Niemann. Einem so großen Betrieb fehle für einen artgerechten Weidegang der Platz.

Im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium sieht man die Sache gelassen. Diese Vorwürfe gäbe es immer bei Betriebsvergrößerungen. Die Lage werde vom Gemeinderat nach Recht und Gesetz beurteilt. Eine Stellungnahme des Gemeinderats steht aus.

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13 Kommentare

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  • B
    Benjamin

    @Olga:

     

    Der Vergleich ist die "metaphorische" Triebfeder dieser Äußerung. Ich kann, und ich denke, Michaela stimmt da zu, deine Aufforderung, darüber nachzudenken, nur zurück an dich richten. Die Annahme, Tiere würden nicht leiden können und könnten nicht bewusst Schmerz empfinden, etc. ist anachronistisch. Und aus diesem Faktum ergeben sich Fragen für die Legitimität von Schlachtung und Haltung von leidempfindenden Wesen (insbesondere bei realen und umfangreichen Alternativen).

     

    Adorno (von '38-'49 im Exil): "Auschwitz beginnt da, wo jemand im Schlachthof steht und sagt: "Es sind ja nur Tiere".

     

    Und nein, es geht nicht um Verharmlosung, jedenfalls nicht von Seiten der Tierrechtlerinnen. So wie es auch Adorno nicht um Verharmlosung ging, das dürfte bekannt sein. Es geht um Verharmlosung von Seiten anderer, die meinen, diese Frage ausblenden zu können.

    Nicht das Leid der Verstorbenen soll neu bewertet werden - das Michaela zu unterstellen ist übrigens ebenfalls bedenklich - das Leid der Tiere soll neu bewertet werden.

     

    Also bitte: Mal drüber nachdenken

  • TN
    Tut nichts zur Sache

    Um die Tiere fürchtet keiner, denn dem deutsche Michel ist an der Kasse nur sein Geld heilig, Geiz ist geil und von heiler-Welt-Werbung lässt sich der durchschnittliche Konsumzombie gerne verarschen (Weihenstephan -> Genmilch etc.). Die Moral? Die ist egal, es geht ja nicht um einen selbst! Dass die gesetzlichen Vorschriften zur Tierhaltung ein Witz sind, sollte jedem klar denkenden Individuum eigentlich bekannt sein... oder wie würden Sie es finden, wenn man sie ihr Leben lang in eine der Boxen (meinetwegen auch die mit 30% mehr Platz) hält, einmal im Jahr zwangsbesamt, damit Sie weiter Milch geben (das Kalb wird natürlich frühzeitig von der Mutter getrennt, es wäre tatsächlich so dreist und würde die wertvolle Milch trinken)..?

     

    Eine zivilisierte Gesellschaft offenbart sich daran, wie sie mit Schwächeren umgeht.

  • K
    Klaus

    Gut gesprochen Atze,

    wo kann man sich denn informieren?

     

    Ich hab da noch eine kleine Frage.

    Geht es hier um Kühe - also ein Herdentier - oder geht es um ein Mastbetrieb für Schweine und Hühner?

    Evtl. macht das ja den Unterschied, den die meisten Leute leider ignorieren und jede Haltung von mehr als 10 Tieren als "Massentierhaltung" ansehen.

    Ich bin da ja nicht so der Fachmann; in was für Herdengrössen lebten denn die Bisonherden in Nordamerika?

  • O
    Olga

    @ Michaela:

    Du schreibst: ""Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka" Isaac Bashevis Singer".

     

    Dieser Vergleich geht ja wohl gar nicht klar! Das ist eine Verharmlosung der NS-Verbrechen!

    Denk mal drüber nach.

  • A
    Atze

    Interessant zu lesen wie hier die meisten Leute denken.Vieleicht sollte man sich zuerst informieren bevor solche äußerungen gemacht werden!

    Der tierschutz wird auf diesem betrieb groß geschrieben,die neue stallanlage bietet zb. 30%mehr platz in den liegeboxen als es vom gesetzgeber vorgeschrieben wird.

  • CR
    Christa Rust

    Wieder wird ein Stück Landschaft durch einen Turbo-

    betrieb verschandelt. Bürgerproteste, Unterschriften

    sanmmeln und Demos werden den Gemeinderat nicht von

    der Zustimmung abhalten. Es geht um Geld, das nun mal die Welt regiert. Auch ein Rückgang des Fleisch-

    konsums und Milchprodukten spielt keine Rolle, denn

    man setzt auf den Export. Artgerechte Tierhaltung ist

    angesichts der Bilder von Tierhöllen der blanke Hohn.

    Wofür ist der Tierschutz im Grundgesetz, wenn er im Alltag nicht realisiert wird? Tierrechtler, Tier- schutzverbände,Orgas und die Tierschutzpartei fordern

    seit langem ein Verbandsklagerecht,was bisher immer

    verhindert wurde.

  • Z
    zirps

    @ faxendicke: super Idee !

     

    "Die können sie dann täglich durchs Dorf treiben"...

    und wenn sie beim Bürgermeister vorbei kommen, lassen sie alle tierisch was fallen.

     

    Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen, und jetzt raten Sie mal, wem der gehört ?

     

    @vic: Deine teilreflektierte Kaufbereitschaft an tierischen Eßstoffen ist die ökonomische Triebfeder der Fehlentwicklung. Erst wenn die Profitabilität nachläßt, sei es aufgrund steigender Produktionskosten und/oder fallender Nachfrage, ist mit einer Umorientierung zu rechnen.

    Mit einem bewußten grundlegenden Verzicht auf tierische Eßstoffe kannst Du in einem ersten Schritt diese dringend notwendige Umorientierung mit ermöglichen. Geh' ihn jetzt !

  • HD
    Horst Dahlem

    Alleine das geltende Tierschutzgesetz sollte solche"Massenkonzentrationslager"verhindern,in soweit kann ich"Micaela"und"von Anne"nur beipflichten.Nur mal zur Erinnerung:Tierschutz ist in Deutschland Staatsziel und ist in unserem Grundgeschwätz verankert.....

    Guten Appetit kann ich da nur sagen.

  • F
    FAXENDICKE

    Warum stellt man nicht jedem Barver fünf Kühe zur Verfügung? Tausend Bürger kommen dann auch auf 5000 Kühe. Die können sie dann täglich durchs Dorf treiben und den Bürgermeister nebst Gemeinderat vorneweg.

  • M
    Micaela

    ... befürchten leere Höfe, Geografen zerstörte Landschaftsbilder ... und was ist mit den Tieren, die auf erbärmlichste Weise "gehalten" werden, nur damit billig, billig produziert werden kann???

     

    "Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka" Isaac Bashevis Singer

  • V
    vic

    Abgesehen von der sozialen und ökologischen Belastung vor Ort, ist das nicht auch ein Monopolbetrieb, der lokalen Kleinbetrieben das Wirtschaften und Einkommen unmöglich macht?

    *Anmerkung:

    Auch ich trage zu derartigen Entwicklungen bei.

    Zwar bin ich längst Vegetarier, aber ich mag Käse und Milch. Schande über mich.

  • Z
    zirps

    Die Frage ist nicht, warum eine Bauernfamilie 3000 Kühe braucht,sondern warum sie überhaupt Kühe braucht ?

    Eine an menschlichen Bedürfnissen ausgerichtete "Landwirtschaft" produziert Obst + Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte für den direkten, regionalen Verzehr.

    Alles andere ist zerstörerischer Luxus.

     

    Dass Geografen erst jetzt merken, dass vielleicht etwas fehlt in den öden, stinkenden GülleSilagefluren, die sie hier "Landschaft" nennen, läßt darauf schließen, dass sie sich erst viel zu spät auf die halbwegs vorurteilsfreie Beobachtung verlegt haben können.

  • A
    Anne

    ..und wer fürchtet um das Wohl der Tiere!?