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Riedmüller befördert Frau - abwärts

■ Top-Professur nur nach Spartarif besetzt / Senatorin Riedmüller: Qualifikation der Bewerberin gab nicht mehr her / FU bleibt auf Konfrontationskurs und buddelt in Riedmüllers Vergangenheit

Dahlem. Gertraude Krell, Privatdozentin aus Oldenburg, hat eine nagelneue Professur an der FU. Doch richtig glücklich ist sie nicht. Dabei fing es so schön an...

„Wir waren alle ganz begeistert, endlich mal eine Professorin!“ freute man sich bei den „WiWis“, dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der FU mit seiner rund 60köpfigen, ausschließlich männlichen Professorenschaft. Gertraude Krell war vom Fachbereichsrat einstimmig als Wunschkandidatin für eine Professur der Spitzenbesoldungsgruppe C4 gewählt worden - eben habilitiert, aber gutachtlich „ohne Einschränkung für C4 empfohlen“. Glatt passierte das C4-Verfahren alle Gremien und landete bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung. Dort nahm die Bilderbuchberufung eine jähe Wende.

Senatorin Riedmüller, angetreten mit der Maxime der Frauenförderung, bat die Kandidatin im Mai zu sich und stellte sie überraschend vor die Wahl: Sie werde „in vollem Einvernehmen“ nur auf die niedrigere Besoldungsgruppe C3 berufen, oder die Angelegenheit ginge an den Fachbereich zurück. Wenn sie von anderswo einen C4-Ruf erhielte, könne man ja nachverhandeln. Das Einvernehmen über den Spartarif kam zustande - mit einem kleinen Schönheitsfehler. Krell: „Ich habe das so verstanden, daß das mit dem Fachbereich abgestimmt ist.“ War es nicht!, wehrt sich WiWi-Dekan Wilrich. So bedauerte die Senatorin denn auch, ihn versehentlich nicht zu dem Gespräch eingeladen zu haben. Ansonsten, beharrt man in der Senatsverwaltung, sei eine C4 -Berufung Krells aufgrund ihrer Qualifikation „nicht zu rechtfertigen“ gewesen, und C3 sei für die „Berufsanfängerin“ Krell ja auch ein „guter Einstieg“.

An der FU mag man sich damit nicht abfinden. Das höchsten Organ der Hochschule, der Akademische Senat (AS), schloß sich in dieser Woche einstimmig der massiven WiWi-Kritik an: Die „Herabsetzung“ Krells sei eine „Mißachtung der Beteiligungsrechte der Universität“, habe „den Bemühungen der FU um Frauenförderung Schaden zugefügt“. - Autonomie der Hochschulen und Frauenförderung sind hochschulpolitische Kernpunkte der AL-SPD-Koalitionsvereinbarung. Überdies, so der AS-Beschluß, sei die Sparberufung ein „auch die Bewerberin diskreditierender Akt“.

Dem AS, so der artig formulierte Beschluß, seien für die Degradierung Krells „Gründe nicht ersichtlich“. In der FU -Spitze, wo man an der Qualifikation Krells keinen Zweifel hat, klingt das schon anders: Die Entscheidung Riedmüllers sei „unmöglich“, ihre Argumentation „äußerst zynisch“. Die Krell-Professur sei ganz bewußt als Nachwuchsstelle für C4 ausgeschrieben worden, und zwar im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung. Auch gebe es eine „lange Liste“ vergleichbarer Verfahren, bei denen PrivatdozentInnen, „Berufsanfänger“ also, durchaus auf C4 berufen worden seien.

Folglich, kalkuliert man an der FU das Absurde, sei Gertraude Krell ihr Geschlecht zum Verhängnis geworden. So gräbt man nach möglichen Motiven der ungeliebten Senatorin und weiß auch schon wo: bei ihrer eigenen Berufung an die FU im Jahre 1987. Riedmüller habe damals vergebens versucht, ihre C3-Stelle in C4 umzuwandeln, lanciert man hintersinnig. Auch ihr seien damals Nachverhandlungen für den Fall eines C4-Rufs in Aussicht gestellt worden - allein, der sei nie gekommen. Riedmüller weist diese Anspielung zurück: „Das ist abenteuerlich!“

Doch die FU, einmal mit der Hand an der Schlammschleuder, geht auf Konfrontationskurs: Die WiWis und der AS fordern eine „Nachberufung“ Krells auf C4.

marc

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