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Archiv-Artikel

Richtig demotivieren Immer Ärger mit dem Personal

Na, wie soll man das nun wieder verstehen: Eine Zeichnung von einem Bären im reißenden Bach, dem ein indigniert dreinschauender Lachs direkt ins Maul springt. Darunter der Sinnspruch: „Ehrgeiz: Eine Reise von tausend Meilen endet manchmal sehr, sehr übel.“ Besonders motivierend wirkt das nicht, und genau das ist die Absicht. Der Amerikaner E. L. Kersten hat ein Buch für Manager geschrieben, in dem er eine steile These aufstellt: Wenn man seine Mitarbeiter wirklich zu Höchstleistung antreiben will, dann muss man sie demotivieren.

Auf diese Dialektik muss man erst einmal kommen. Kersten beschreibt Arbeitnehmer als faul, aufsässig und als permanente Fehlerquelle. Wenn man ihnen bei Motivationsmaßnahmen nun auch noch erzähle, wie wichtig sie für die Firma seien, gebe man damit genau das falsche Signal: Das Ergebnis sei maßlose Selbstüberschätzung. Konsequent demotivierte Mitarbeiter hingegen seien mit weniger zufrieden, forderten weniger Anerkennung und seien somit produktiver. Ihre realistischen Selbstzweifel machten sie zudem ehrgeiziger.

Kerstens Buch „The Art of Demotivation“ kommt daher wie gängige Managementliteratur. Es enthält eine Reihe Grafiken, Managementleitsätze und Hinweise auf die einschlägige Literatur der Organisationslehre. Und es beansprucht, visionär zu sein. Gute Kritiken hat es nicht zuletzt in der Financial Times bekommen.

Kersten überspannt den Bogen bewusst. Und genau besehen nimmt er es gleich mit drei Lagern auf: Über angeblich faule Angestellte macht er sich vordergründig lustig, aber gleichzeitig trifft sein ganzer Spott die Branche der Motivationskünstler, deren Anreizinstrumente von Angestellten schon seit geraumer Zeit mit einem Gähnen quittiert werden. Und bei alledem hält Kersten auch noch den Führungskräften ihr kaputtes Menschenbild vor Augen, die ihre Mitarbeiter immer weniger als „humanes Kapital“ ansehen (als wäre das nicht schon schlimm genug), sondern schlicht als Fehlerquelle und Kostenfaktor. Welch ein Rundumschlag! Das ist keine Managementliteratur, das ist Konzeptkunst.

Bleibt nur die Frage, wie wörtlich die Top-Entscheider die Idee der Demotivation nehmen. Dass schlechte Behandlung der Mitarbeiter in innere oder tatsächliche Kündigung umschlagen kann oder sie erst recht dazu verleitet, die Firma zu schädigen (bewusst zudem), steht natürlich nicht in Kerstens Leitfaden zur Demotivation – sonst würde die Satire auch nicht funktionieren. Damit der Chef das Buch unbehelligt von seinen Angestellten lesen kann, wird es gleich mit einem zweiten Schutzumschlag zur Tarnung geliefert. Titel: Ethik, Integrität und Aufopferung am Arbeitsplatz. MARTIN KALUZA

Das Buch: E. L. Kersten, „The Art ofDemotivation“. ISBN 1-892503-40-9,243 Seiten. Zu beziehen (nebenallerlei Demotivationspostern)über www.despair.com in dreiVersionen: Manager Edition (24,95 $);Executive Edition mit Kunstleder-einband und Schloss (39,95 $) undChairman Edition mit Ziegenledereinband und Humidor (1.195 $).