■ Rezension: Compay Segundo
Lo Mejor de la Vida (eastwest)
So kann es gehen. Da lebt man ein ganzes Musikerleben lang auf einer – nach der Revolution jedenfalls – vom kommerziellen Musikleben weitgehend isolierten Insel wie Kuba, verdient sich seinen Lebensunterhalt als Tabakdreher, ist noch im Alter von 80 aktiv und wird auch von intimen Kennern kubanischer Musik hoch geschätzt. Und dann kommt da ein ausländischer Gitarrist des Weges, engagiert einen für eine Plattenaufnahme mit kubanischen Klassikern, und auf einmal ist man wieder dick im internationalen Geschäft.
So ähnlich erging es dem Mann, der eigentlich Francisco Repilado heißt, aber wegen seiner üblichen Position als zweite Begleitstimme von jeher den Rufnamen Compay Segundo weghat. Er zupfte zu Ry Cooders „Buena Vista Social Club“ die Saiten und steuerte den genialen Opener „Chan Chan“ bei. Sein Instrument, die „Armonico“, ist eine Kreuzung aus spanischer Gitarre und kubanischer Tres, und so verhält es sich auch mit Compay Segundos Solo-Album: Klassischer kubanischer Son, der seinen prägenden spanischen Einschlag nicht verleugnet, aufgenommen in Madrid und Havanna und mit Unterstützung wechselnder, aber stets namhafter Leadstimmen, von Spaniens Flamenco-Star Martirio hin zu Kubas Bolero-Legende Omara Portuondo.
Der Verweis auf die kulturellen Verbindungen kommt zeitgerecht, schließlich erlangte die Kolonie Kuba vor genau 100 Jahren die Unabhängigkeit von Spanien. Und einen besseren Bürgen für das gemeinsame Erbe als Compay Segundo, mit seinen über 90 Jahren ein lebendes Geschichtsbuch, läßt sich kaum finden.
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