Restabfall: Wer ärgert sich noch über den "Weser Report"?
■ Das Anzeigenblatt schlägt vor: Den Staatsrat Lahl wie Müll "beseitigen
Die Geschichte um den entlassenen Umweltstaatsrat Uwe Lahl ist um eine Facette reicher – wenn auch um eine ziemlich schmutzige. Auch im „Weser Report“ war die Geschichte von Lahls persönlichen Verbindungen zu den Gutachtern für eine Nachfolgelösung der Müllverbrennungsanlage aufbereitet worden – aber in des Blattes ureigenster Art. Die Überschrift: „Skandal um Dr. Lahl: Beseitigt RABA ihn?“ Und nachdem auf gut dreißig Zeilen die Geschichte ausgebreitet worden war, endete der Artikel mit: „Senator Fücks schweigt bisher. Doch in dieser filz-sensiblen Zeit wäre es ein Wunder, würde die Affäre nicht den Mechanismus einer „Restabfall-Beseitigungs-Anlage“ annehmen, die in diesem Fall einen stellvertretenden Ressortchef beseitigt.“
Wer ärgert sich noch über den „Weser Report“? Die Stadt hat sich gerade bei diesem Blatt an Schlagzeilen wie „Angst vor Türken-Terror“ (zum Spiel Werder-Istanbul) fast schon gewöhnt. Aber gerade in diesen Tagen könnte die dicke Schicht der Gewöhnung ein wenig durchlässiger geworden sein. Schließlich ist es keine vier Wochen her, daß ein Chefredakteur der Bremer Nachrichten über eine mindestens zweideutige Schlagzeile seinen Job verloren hat. Auch wenn der Fall in der Öffentlichkeit keine besonders hohen Wellen geschlagen hat, an keinem Bremer Journalisten ist er vorbeigegangen.
„Beseitigt RABA ihn?“ fragt der Weser Report – er fragt, ob ein Mensch von einer Restabfallbeseitigungsanlage beseitigt wird. Dem Redakteur scheint die gedankliche Verbindung Müllpolitik-Müllentsorgung-Politikerent-sorgung so gut gefallen zu haben, daß er sie noch einmal aufnehmen mußte. „Die Affäre“ nimmt den Mechanismus einer „Restabfall-Beseitigungsanlage“ an, denkt der Mann und schreibt es auch. Und er hält auch nicht hinter dem Berg, wer in dieser „Affäre“ der „Restabfall“ ist: der stellvertretende Ressortchef beim Umweltsenator. Uwe Lahl – politischer Restmüll.
Geschrieben hat den Artikel Jochen Brünner, verantwortlicher Chefredakteur ist Ronald K. Famulla. Jochen Grabler
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