Ressourcen sinken: Eine Erde ist nicht genug für die Welt
Die Umweltschutzorganisation WWF hat den ökologischen Zustand der Welt untersucht. Das Ergebnis: Die Artenvielfalt sinkt, der Ressourcenverbrauch steigt dramatisch.
Eine Erde ist nicht genug. Schon jetzt verbraucht die Weltbevölkerung rund ein Drittel mehr an natürlichen Ressourcen, als die Welt eigentlich bietet. Und ab 2035 wäre dann auch die zweite Erde ausgepumpt und wir bräuchten eine dritte - wenn der Verbrauch an Ressourcen nicht dramatisch sinkt. Das ist das Kernergebnis des "Living Planet Reports 2008", den der WWF gestern vorstellte. Die Umweltschutzorganisation, die alle zwei Jahre den weltweiten Verbrauch von Wasser, Fischgründen, landwirtschaftlichen Flächen und Kohlendioxid nach Ländern aufgeschlüsselt ermittelt, kommt zu dem Schluss: "Der ökologische Zustand der Erde hat sich dramatisch verschlechtert."
Für den Gesundheitscheck der Erde nutzt der WWF zwei Parameter: Der "Living Planet Index", der den Bestand an Wirbeltieren untersucht, und der "Ökologische Fußabdruck", den jeder Mensch durch seinen Ressourcenverbrauch hinterlässt. Letzterer hat sich im weltweiten Schnitt pro Kopf zwar in den vergangenen Jahrzehnten nicht stark verändert. Dennoch steigt der Verbrauch durch die wachsende Bevölkerung insgesamt dramatisch an (siehe Graphik). Zudem hat die Bevölkerung in den reichen Staaten ihren Verbrauch seit Beginn der 60er nahezu verdoppelt, dem stand ein Rückgang in den ärmeren Staaten gegenüber.
Dramatisch ist die Entwicklung beim Kohlendioxidverbrauch. Dieser hat sich seit laut WWF seit 1961 mehr als verzehnfacht. Und genau das bringt die Ökobilanz in die roten Zahlen. Denn trotz aller Statistik: Noch werden Holz, Wasser und Getreide nicht von anderen Planeten importiert. Das Kohlendioxid hingegen wird in der Atmosphäre abgelagert, der Orbit zur Deponie. Weil nicht mehr genügend Wälder da sind, um diesen Schadstoff zu neutralisieren, lebt die Weltbevölkerung über ihre Verhältnisse und hätte bereits 2035 die Ressourcen von zwei Erden verbraucht.
"Bislang haben wir diesen Zeitpunkt erst für 2050 erwartet", sagt Christoph Heinrich, Direktor Umwelt- und Naturschutz beim WWF, und verweist als Erklärung für die beschleunigte Entwicklung unter anderem auf China. Das Land, das ist gemeinsam mit den USA für rund 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs verantwortlich. Das überrascht nicht, denn schließlich ist der aufstrebende Staat der bevölkerungsreichste der Erde. Erstmals sei aber auch der Pro-Kopf-Verbrauch über die 2,1 Hektar gestiegen, die jedem Weltbürger rechnerisch zu Verfügung stehen. Heinrich nannte das einen "historischen" Moment. Entsprechend meldet China gestern, dass die CO2-Emissionen des Landes erstmals die der USA erreicht hätten.
Während der Verbrauchsindex laut WWF also steigt, sinkt die Vielfalt der Arten dramatisch. Die Wissenschaftler der Zoologischen Gesellschaft in London, die für diesen Teil des Berichts verantwortlich sind, untersuchen jedes Mal den Bestand von insgesamt 1.686 Wirbeltierarten weltweit. Der aktuelle Report verzeichnet für die vergangenen 35 Jahre einen Rückgang um knapp 30 Prozent weltweit, in einzelnen Regionen liegt das Minus bei 51 Prozent. "Ein Gemetzel", sagt Heinrich und nennt als Hauptgrund den Verlust an tropischen Regenwäldern. Allein in Brasilien verschwinde pro Jahr eine Fläche von der Größe Hessens. "Die ökologische Krise wird uns um ein Vielfaches härter treffen als die aktuelle Finanzkrise - und früher oder später das Wohlergehen und die Entwicklung aller Nationen gefährden", lautet die düstere Prognose des WWF-Direktors.
Weil die Zerstörung von CO2-Speichern auch den Klimawandel verschärft, sieht Heinrich einen Stopp der Entwaldung als vordringlichste Maßnahme zur Entlastung des überzogenen Ressourcenkontos an. Erforderlich sei zudem eine nachhaltige Fischerei und der Umbau der Energiewirtschaft. Statt neuer Kohlekraftwerke sollten als Übergangstechnik Gaskraftwerke eingesetzt werden
Deutschland liegt übrigens im internationalen Vergleich seines "Fußabdrucks" auf Rang 30 und damit hinter Großbritannien, Frankreich und Österreich, aber deutlich über dem globalen Mittelwert. Somit gehört auch die Bundesrepublik zu den 50 "ökologischen Schuldnern".
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