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Ressourcen sinkenEine Erde ist nicht genug für die Welt

Die Umweltschutzorganisation WWF hat den ökologischen Zustand der Welt untersucht. Das Ergebnis: Die Artenvielfalt sinkt, der Ressourcenverbrauch steigt dramatisch.

Der Direktor Naturschutz des WWF, Christoph Heinrich, spricht über den Gesundheitscheck der Erde. Bild: dpa

Eine Erde ist nicht genug. Schon jetzt verbraucht die Weltbevölkerung rund ein Drittel mehr an natürlichen Ressourcen, als die Welt eigentlich bietet. Und ab 2035 wäre dann auch die zweite Erde ausgepumpt und wir bräuchten eine dritte - wenn der Verbrauch an Ressourcen nicht dramatisch sinkt. Das ist das Kernergebnis des "Living Planet Reports 2008", den der WWF gestern vorstellte. Die Umweltschutzorganisation, die alle zwei Jahre den weltweiten Verbrauch von Wasser, Fischgründen, landwirtschaftlichen Flächen und Kohlendioxid nach Ländern aufgeschlüsselt ermittelt, kommt zu dem Schluss: "Der ökologische Zustand der Erde hat sich dramatisch verschlechtert."

Für den Gesundheitscheck der Erde nutzt der WWF zwei Parameter: Der "Living Planet Index", der den Bestand an Wirbeltieren untersucht, und der "Ökologische Fußabdruck", den jeder Mensch durch seinen Ressourcenverbrauch hinterlässt. Letzterer hat sich im weltweiten Schnitt pro Kopf zwar in den vergangenen Jahrzehnten nicht stark verändert. Dennoch steigt der Verbrauch durch die wachsende Bevölkerung insgesamt dramatisch an (siehe Graphik). Zudem hat die Bevölkerung in den reichen Staaten ihren Verbrauch seit Beginn der 60er nahezu verdoppelt, dem stand ein Rückgang in den ärmeren Staaten gegenüber.

Dramatisch ist die Entwicklung beim Kohlendioxidverbrauch. Dieser hat sich seit laut WWF seit 1961 mehr als verzehnfacht. Und genau das bringt die Ökobilanz in die roten Zahlen. Denn trotz aller Statistik: Noch werden Holz, Wasser und Getreide nicht von anderen Planeten importiert. Das Kohlendioxid hingegen wird in der Atmosphäre abgelagert, der Orbit zur Deponie. Weil nicht mehr genügend Wälder da sind, um diesen Schadstoff zu neutralisieren, lebt die Weltbevölkerung über ihre Verhältnisse und hätte bereits 2035 die Ressourcen von zwei Erden verbraucht.

"Bislang haben wir diesen Zeitpunkt erst für 2050 erwartet", sagt Christoph Heinrich, Direktor Umwelt- und Naturschutz beim WWF, und verweist als Erklärung für die beschleunigte Entwicklung unter anderem auf China. Das Land, das ist gemeinsam mit den USA für rund 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs verantwortlich. Das überrascht nicht, denn schließlich ist der aufstrebende Staat der bevölkerungsreichste der Erde. Erstmals sei aber auch der Pro-Kopf-Verbrauch über die 2,1 Hektar gestiegen, die jedem Weltbürger rechnerisch zu Verfügung stehen. Heinrich nannte das einen "historischen" Moment. Entsprechend meldet China gestern, dass die CO2-Emissionen des Landes erstmals die der USA erreicht hätten.

Während der Verbrauchsindex laut WWF also steigt, sinkt die Vielfalt der Arten dramatisch. Die Wissenschaftler der Zoologischen Gesellschaft in London, die für diesen Teil des Berichts verantwortlich sind, untersuchen jedes Mal den Bestand von insgesamt 1.686 Wirbeltierarten weltweit. Der aktuelle Report verzeichnet für die vergangenen 35 Jahre einen Rückgang um knapp 30 Prozent weltweit, in einzelnen Regionen liegt das Minus bei 51 Prozent. "Ein Gemetzel", sagt Heinrich und nennt als Hauptgrund den Verlust an tropischen Regenwäldern. Allein in Brasilien verschwinde pro Jahr eine Fläche von der Größe Hessens. "Die ökologische Krise wird uns um ein Vielfaches härter treffen als die aktuelle Finanzkrise - und früher oder später das Wohlergehen und die Entwicklung aller Nationen gefährden", lautet die düstere Prognose des WWF-Direktors.

Weil die Zerstörung von CO2-Speichern auch den Klimawandel verschärft, sieht Heinrich einen Stopp der Entwaldung als vordringlichste Maßnahme zur Entlastung des überzogenen Ressourcenkontos an. Erforderlich sei zudem eine nachhaltige Fischerei und der Umbau der Energiewirtschaft. Statt neuer Kohlekraftwerke sollten als Übergangstechnik Gaskraftwerke eingesetzt werden

Deutschland liegt übrigens im internationalen Vergleich seines "Fußabdrucks" auf Rang 30 und damit hinter Großbritannien, Frankreich und Österreich, aber deutlich über dem globalen Mittelwert. Somit gehört auch die Bundesrepublik zu den 50 "ökologischen Schuldnern".

www.wwf.de

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5 Kommentare

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  • A
    Anne

    Ein, zumal im Vergleich zu den Kosten, immens großer Beitrag zum Umweltschutz wäre es, viel mehr als bisher direkt für sonnenreiche Regionen der Erde Solarkocher zu fördern (z. B. parabolförmige aus Aluminium u.a., z.B. weil dies große Einsparungen fossiler Brennstoffe und geringere Entwaldung & Desertifikation bewirken würde. Dazu hätte es auch viele soziale Vorteile für viele Regionen der Erde.

     

    (Nebenbei: Das Argument, viele Menschen würden ja erst Abends warm essen, ist sehr kurz gedacht, weil ja Speisen schon vorgekocht werden können, außerdem auch für Wäschewaschen (was weltweit oft noch mit der Hand geschieht) und für Kaffee- und Tee-Kochen tagsüber oft warmes/heißes Wasser benötigt wird).

  • S
    snowie

    So sehr ich den WWF unterstütze, aber diese Studie hat einige sehr grundsätzliche Schwachpunkte. Mehr dazu hier:

    http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/kommentarseite/1/die-erde-in-der-krise/kommentare/1/1/

     

    @ rufusteig: Deine Behauptungen finde ich zu pauschal. Es ist eher eine Tragödie, da die Mehrheit der Menschen, die ich bisher getroffen habe (und das ist eine Menge), gar nicht so gierig ist, sondern vor allem extrem falsch informiert, z.B. über Alternativen, die es gäbe, wenn sehr viele kooperativ dafür eintreten würden. Davon abgesehen gibt es sehr große graduelle Unterschiede bei Egoistmus etc., und Irrationalität hat ja viele Facetten. z.B. Egoisten, die erfolgreich sind, sind durchaus rational in dem Sinn, dass sie die richtigen Mittel wählen um ihre Ziele zu erreichen. Die Menschen als die Wesen mit dem wohl größten Entwicklungspotenzial an Perspektivenwechsel und Einfühlungsvermögen haben leider zugleich dieses Potenzial bis heute extrem wenig realisiert im Vergleich zu ihren Möglichkeiten per "Werkzeuggebrauch" ihre Umwelt zu verändern, nämlich auch zu zerstören. In diesem Sinne stimme ich zu bzgl. "Irrationalität", fehlende Weisheit.

    Insofern hatte auch der antike Sokrates recht, wenn er meinte: Erfolgreiche Egoisten sind bedauernswert gescheiterte (Menschen).

  • R
    rufusteig

    Da haben wir es wieder. Die Irrationalität der menschlichen Spezies. Wir gieren permanet nach dem Fortschritt und Wohlstand, vergessen aber dabei das Fundament: Mütterchen Erde.

    Ich weiß nicht, was ich später meinen Kindern deklarieren soll, wenn sie fragen, warum einige spürbare Fakten auf uns einströmen (wie Tsunamie, Hitze- und Tockenheitsperioden, Kriege ums Süßwasser). Des Weiteren hoffe ich inständig, dass die Auswirkungen nicht nur die armen Drittländer zu spüren bekommen, sondern auch in vehementer Art die sogenannten Industrie(elite)staaten.

    An diesem Ausdruck kann man erkennen, dass ich eher realistisch bin und sage, dass es zu spät ist, Konsequenzen aus unser aller Handeln zu ziehen. Wir uns dem hingeben...

  • V
    vic

    Es ist lange schon bekannt, und die Einschläge kommen ständig näher.

    Nur, den Menschen geht das kaltlächelnd am Ar... vorbei.

    Noch.

  • K
    Karl

    Mal abgesehen von den zweifelhaften Behauptungen. Eine wenigstens in sich geschlossene und stringente Argumentation würde den geneigten Leser doch erfreuen. Thema nicht verstanden oder unter großem Zeitdruck geschrieben?

     

    So ist es nur noch wirr.

     

    Glück auf

     

    Karl