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Respekt vor kindlicher Intimsphäre

■ betr.: „Nicht besser als FKK- Schmuddelheftchen“, taz vom 4.10. 96

Zunächst einmal, wir sind gegen die Indizierung des Buches „Zeig mal“. Gleichzeitig sind wir jedoch der Meinung, daß es für jüngere Kinder ungeeignet ist, da durch die überdimensionale Darstellung von Geschlechtsteilen und -akten die Sexualität auf rein genitale Aspekte reduziert wird. Den vorliegenden Induzierungsantrag handelt Ihr als Beispiel für einen kulturellen Rückschritt ab. Die Gesellschaft und ihre Institutionen seien seit der Zeit der antiautoritären Aufklärer der siebziger Jahre in tiefste Prüderie verfallen.

Sicher hat sich der Blick auf die Sexualität geändert. Während die 68er noch meinten, die kindliche Sexualität müsse wiederentdeckt werden und sie als Miniaturausgabe der genitalen Sexualität von Erwachsenen konzipierten, geht die Diskussion heute eher dahin, kindliche Sexualität auch kindlich zu belassen. Man sollte sich wirklich einmal fragen, was das eigentlich Schlimme daran ist, wenn sich der Blick auf kindliche Sexualität im Laufe der Jahre geändert hat. Gerade die zunehmende öffentliche Bewußtwerdung von sexuellem Mißbrauch an Kindern erfordert ein anderes Hinsehen auf kindliche Sexualität. Kinder können – so der Diskussionsstand – vor Mißbrauch am besten durch eine Erziehung auch zu sexueller Selbstbestimmung geschützt werden. Dazu gehört jedoch der Respekt der Erwachsenen vor der kindlichen Intimsphäre. Das heißt heutzutage aber, ihnen ihre eigene Welt, ihre Schamgrenzen und eigenen Vorstellungen zu lassen und nicht, wie die Aufklärer der 70er Jahre, ihnen eine Mini-Erwachsenensexualität überzustülpen. Wildwasser, Frankfurt

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