Repressionen gegen russische Regimekritiker: Angriff auf Menschenrechtler
Ein Mitarbeiter von Memorial wird in Moskau überfallen und zusammengeschlagen. Bereits im vergangenen Jahr war er Opfer eines Überfalls geworden.
BERLIN taz | Erneut ist ein Menschenrechtler in der russischen Hauptstadt Moskau überfallen worden. Bachrom Chamrojew von der Menschenrechtsorganisation "Memorial" wollte sich gerade von seiner Moskauer Wohnung auf den Weg nach Murmansk machen, als sich ihm in seinem Hauseingang Männer in den Weg stellten, auf ihn einschlugen, Gas in sein Gesicht spritzten und danach unerkannt verschwanden. Zuvor hatten die Täter mit Kaugummi die Überwachungskamera außer Gefecht gesetzt.
"Das war ein Hinterhalt" kommentiert Oleg Orlow, der Vorsitzende des Menschenrechtszentrums "Memorial" den Überfall. Orlow vermutet staatliche Sicherheitskräfte Usbekistans oder Russlands hinter der Attacke und kritisiert, dass nur wegen "Rowdytums" ermittelt werde. Auch Sergej Nikitin von "Amnesty International" verurteilte den Überfall und forderte die staatlichen Stellen auf, Ermittlungen aufzunehmen und die Schuldigen zu bestrafen.
Der Überfall vom Montag ist nicht der erste Angriff auf Chamrojew. Bereits im vergangenen Dezember war er überfallen worden. "Memorial" vermutet die Verantwortlichen für die Tat im vergangenen Jahr unter den staatlichen Sicherheitskräften. Möglicherweise hänge der Überfall damit zusammen, dass man die Menschenrechtsverletzungen an Muslimen angeprangert habe.
Derzeit befindet sich Chamrojew bei seiner Familie. Das Krankenhaus, wo man ihn wegen einer Gehirnerschütterung behandelt hatte, hatte er gegen ärztlichen Rat verlassen.
Der Usbeke Jusup Kasymachunow, der derzeit in Murmansk die letzten Tage seiner siebenjährigen Haft wegen des Verdachts, ein religiöser Extremist zu sein und Kontakte zur verbotenen muslimischen Organisation Hizb ut-Tahrir unterhalten zu haben, absitzt, wird wohl vergeblich auf Bachrom Chamrojew warten. Dieser hatte ihm versprochen, der Gerichtsverhandlung am Mittwoch in Murmansk beizuwohnen, wo über eine Abschiebung von Jusup Kasymachunow nach Usbekistan entschieden wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern