: Religionsfreiheit ist unteilbar
■ betr.: „Gehirnwäsche verstößt nicht gegen Vereinsrecht“, taz vom 7.11. 97
Für einen in Sachen Religion Unbeteiligten, der wie ich in keiner religiösen Gemeinschaft organisiert ist, mutet die Diskussion um Scientology recht merkwürdig an. So entlarven sich selbsternannte Sektenexperten in schöner Regelmäßigkeit als bezahlte Angestellte der Großkirchen (und von diesen ist ja nun wirklich ein ausgewogenes Urteil zu erwarten, oder?). Und so darf auch in Ihrem Artikel das ganze Repertoire an Schmutz nicht fehlen: Gehirnwäsche, Wirtschaftsunternehmen, strenge Hierarchie... Gehirnwäsche kann man wohl bei freiem Zugang zu 13 Jahren Schule nur den Großkirchen vorwerfen. Und im Gegensatz zu diesen finanziert sich Scientology nicht etwa über vom Staat eingezogene Steuern, sondern muß dies selbst organisieren – und in einem kapitalistischen Staat einer Organisation, die sich des wirtschaftlichen Grundprinzips dieses Staates bedient, daraus einen Strick drehen zu wollen, ist wohl eine Absurdität, wie sie größer nicht mehr geht. Und natürlich kein Wort davon, daß sich das Scientology-Vermögen im Vergleich zu dem der katholischen Kirche als geradezu lächerlich ausnimmt – ebenso wie der Grad der „Unterwanderung der Gesellschaft“ übrigens!
Der Autor hat recht: Es geht nicht darum, ob Scientology eine Religion oder ein Unternehmen ist, sondern darum, irgendeinen Grund zu finden („... daß der Sekte mit dieser Art der Formaljuristerei kaum beizukommen ist“), um diese starke, von jeglichen Staatseinflüssen unabhängige Organisation zu vernichten.
Allen Linken würde hier ein Blick in Artikel 4 Grundgesetz der Bundesrepublik helfen – denn die Religionsfreiheit ist unteilbar! Henrich Götz, Mainz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen