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■ Streit um den SparkursReicher für Schulden

Jetzt merken auch die Reichen, daß der Gürtel bald nicht mehr um ihren Bauch paßt. Klaus-Rüdiger Landowsky, Fraktionschef der CDU und Vorstandsmitglied bei der Bankgesellschaft Berlin, glaubt neuerdings, es gebe in Berlin „keine wesentlichen Sparpotentiale“ mehr. Daß der Schuldenberg in dieser Legislaturperiode von 50 auf 70 Milliarden Mark wachsen wird und am Ende niemand weiß, wovon eigentlich jene Berliner die Zinsen dafür zahlen sollen, die noch nicht geboren sind, ist dem Banker schnuppe. Aber weil die Kredite gerade so günstig seien, sollte Berlin noch mehr Schulden machen.

Wenn sich bislang soziale Einrichtungen oder Kulturprojekte gegen den Sparkurs wandten, dann kamen sie mit dem guten Argument, man dürfe das Sparschwein nicht ausgerechnet auf die Armen und Ärmsten hetzen. Wenn Landowsky aber vom Sparen angewidert ist, dann will er die Erhöhung der Gewerbesteuer verhindern. Darüber hinaus will er als Mitglied im Stiftungsrat der Lottogesellschaft die Entscheidungsgewalt über die Verteilung von 140 Millionen Mark im Jahr behalten. Mit seiner Forderung, den Stellenstopp im öffentlichen Dienst aufzuheben, versucht der Mann mit Dauerchauffeur und emissionsstarker S-Klasse einen mächtigen Verbündeten zu gewinnen, der schon immer für Geldverprassen war, solange seine Mitglieder davon profitieren: die ÖTV. Gleichzeitig geht der bekannte Populist drei Jahre vor den nächsten Wahlen auf billigen Stimmenfang.

Nein, der sozialen Gerechtigkeit wegen fordert Landowsky keine Korrektur des Sparkurses. Andernfalls hätte er ja längst gegen die Beschlüsse der Parteifreunde in Bonn angestänkert, die wie Wegelagerer Arbeitnehmer, Familien und Arbeitslose ausnehmen. In Berlin gibt es neben Gewerbesteuer und Lotto aber noch weitere sprudelnde, aber unentdeckte Geldquellen: Landowsky „verdient“ im Jahr eine dreiviertel Million Mark – noch. Dirk Wildt

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