: Regierung Gomolka will höhere Mieten
■ „Differenziert abgefedert“/ Mecklenburg-Vorpommern: 650 Millionen Mark Darlehen für Wohnungsgesellschaften
Schwerin. In der aktuellen Stunde der 16. Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern sprachen sich mehrere christdemokratische und liberale Abgeordnete für zügige Mieterhöhungen aus. „Es muß sich im Endeffekt lohnen, Wohnungen zu erhalten und zu bauen“, begründete Jürgen Seidel, der stellvertretende CDU-Fraktionschef, diese grundsätzliche Orientierung. Er drückte seine Hoffnung aus, somit in absehbarer Zeit Investoren für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft zu gewinnen.
Die sozialen Folgen der Mieterhöhungen sahen die Politiker der Regierungskoalition durch die Ausgabe von Wohngeld „differenziert abgefedert“. Innenminister Dr. Georg Diederich (CDU) meldete Betriebsbereitschaft der Ausgabestellen. Im Laufe seines Berichtes zur Lage der Wohnungswirtschaft stellte er Wohnungsgesellschaften, deren Bedürftigkeit nachgewiesen ist, Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 650 Millionen Mark in Aussicht. Angekündigt wurden auch Fördermittel für Eigenheimbauer im Umfang von 59 Millionen Mark und Zuschüsse beim Erwerb von Eigentumswohnungen, die pro Wohnung bei durchschnittlich 8.000 Mark liegen sollen.
Eine pessimistische Einschätzung der Lage gaben dagegen die Oppositionsparteien. Ihnen ging es vor allem um die Erhaltung der Wohnungsgesellschaften, die etwa 60 Prozent der rund 750.000 Wohnungen im Land verwalten. SPD-Abgeordneter Reinhardt Thomas führte am Beispiel der Rostocker WIRO vor Augen, daß diese kommunalen Träger kurz vor dem Bankrott stehen. Das Defizit dieser Gesellschaft beträgt ohne Altschulden bereits wieder 24 Millionen Mark.
Im Einklang mit dem Deutschen Mieterbund, der dem Landtag einen Forderungskatalog und 20.000 Unterschriften für behutsame Mieterhöhungen übergab, definierte Thomas die Erhaltung der Wohnungsgesellschaften als „praktischen Mieterschutz“. Die Darlehen lehnte die SPD als unzureichend ab, weil sie zurückgezahlt werden müßten und somit die Mieterhöhungen von morgen seien. Die SPD appellierte an die Regierung, sich im Bundesrat für eine Mietobergrenze von 7,50 DM pro Quadratmeter einzusetzen.
Mit nur einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen sprach sich das Parlament fast geschlossen für Berlin als deutschen Regierungssitz aus. Dr. Gottfried Timm (SPD) begründete den Antrag damit, daß die historische Dimension Berlins nicht über eine kleinliche Kostenaufrechnung vergessen werden sollte. Auch wies er darauf hin, daß der expandierende Berliner Markt Mecklenburg-Vorpommern günstige Absatzchancen bieten würde. adn
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