Reform des Finanzsystems: Chinas komplizierte Dollar-Diplomatie
Die weltweite Hegemonie des US-Dollars ist Peking schon lange ein Dorn im Auge. Deshalb arbeitet China daran, dem Yuan mehr Bedeutung zu verschaffen. Aber seine Devisenreserven hält es in Dollar.
PEKING taz | Den US-Dollar fest im Blick, die eigene Währung im Herzen: Wenige Tage vor dem G-8-Gipfel in Italien haben Chinas Politiker erneut gefordert, das internationale Finanzsystem zu reformieren. Die globale Krise habe "einige Mängel" im derzeitigen Währungsgefüge zu Tage gebracht, erklärte Vizeaußenminister He Yafei vergangene Woche in Peking. "Natürlich hoffen wir, dass das internationale Währungssystem in Zukunft vielfältiger wird."
Die globale Finanzkrise wird neben der Klimapolitik Hauptthema beim Gipfel der 14 mächtigsten Wirtschaftsnationen sein und damit sicher auch, so heißt es in Peking, die Rolle des Dollar als wichtigste Reservewährung. Es wäre nur "normal", wenn "einige politische Führer" das Thema anschnitten, erklärte He.
Dahinter steckt die unverhüllte Sorge Pekings, was mit seinem in den USA angehäuften Dollarberg passiert. Rund 70 Prozent des chinesischen Devisenschatzes im Wert von 1.953,7 Milliarden Dollar haben die chinesischen Finanzpolitiker in US-Papieren angelegt. Verliert der Dollar an Wert, schrumpft das chinesische Vermögen. Die Pekinger Zentralbank will deshalb in Zukunft ihr Geld verstärkt anderswo anlegen.
Zentralbank-Chef Zhou Xiaochuan hat zudem vorgeschlagen, den Dollar als wichtigste Reservewährung der Welt durch eine neue Kunstwährung auf der Grundlage der sogenannten Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds zu ersetzen. Noch werden die wichtigen internationalen Geschäfte - vom Öl bis zu anderen Rohstoffen - in Dollar abgerechnet.
Er sehe "keine Notwendigkeit" für eine neue Weltwährung, erklärte US-Präsident Barack Obama kürzlich. "China wird keinen Streit suchen, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten mit Mächten wie den USA hat", sagt die chinesische Währungsexpertin Wang Tao von der Schweizer USB-Bank. Welche Rolle der chinesische Yuan künftig im weltweiten Währungssystem spielen kann, ist umstritten. Schließlich zählt China mittlerweile zu den bedeutendsten Wirtschaftsmächten. Doch noch ist der Yuan nicht frei konvertibel: Um die heimischen Unternehmen vor den Turbulenzen der Finanzmärkte zu schützen und die Preise für Exporte niedrig zu halten, setzt die Pekinger Regierung den Wechselkurs nach einem geheimen Schlüssel fest.
Zwar wissen auch die chinesischen Banker, dass es bislang keine Alternative zum Dollar gibt. Gleichwohl versuchen sie sich ein wenig unabhängiger zu machen und den Yuan für ihre internationalen Geschäfte einzusetzen. Künftig sollen - zunächst im kleinen Grenzverkehr mit Hongkong und Macao und später auch im Handel mit anderen asiatischen Staaten - offiziell Handelsgeschäfte in Yuan abgerechnet und bezahlt werden dürfen. Das hat einen wichtigen Vorteil vor allem für chinesische Firmen, die sich so gegen Währungsschwankungen des Dollar schützen. Allerdings geht Peking äußerst vorsichtig vor. In einer ersten Phase dürfen sich nur gut 100 Schanghaier und eine Reihe von Firmen aus Südchina am Yuan-Handel beteiligen. Die Geschäfte müssen über ausgewählte Banken abgewickelt werden.
Die Regeln seien aber so eng gefasst, kommentiert der China-Experte Stephen Green von der Standard Chartered Bank, dass kurzfristig "nicht damit zu rechnen ist, dass sich größere Yuan-Märkte in Asien entwickeln". Außerdem hat China in den letzten Wochen mit mehreren Staaten so genannte Swap-Abkommen verabredet. Dazu gehören Weißrussland und Argentinien. Damit ermöglicht China Unternehmen, ihre Im- und Exportgeschäfte direkt in Yuan abzurechnen - und nicht den Umweg über den Dollar zu nehmen. China stellt den Zentralbanken dieser Länder entsprechende Mengen von Yuan zur Verfügung.
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