Rechtsterroristische Mordserie: Verfassungsschutz gibt Pannen zu
Dem mutmaßlichen Unterstützer der rechtsextremen Terrorzelle NSU war der niedersächsische Verfassungsschutz schon 1999 auf der Spur. Doch dann wurde er nicht mehr überwacht.

HANNOVER afp | Der Verfassungsschutz in Niedersachsen hat Pannen bei der Fahndung nach in die Mordserie an mehreren Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund und einer Polizistin verwickelten Neonazis eingeräumt.
Seine Behörde sei dem mutmaßlichen Unterstützer der Terrorzelle NSU, Holger G., schon 1999 auf der Spur gewesen, dieser sei aber nach einer Observation als Mitläufer eingestuft und nicht weiter beobachtet worden, sagte der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Hans Wargel am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in Hannover.
Der 37-jährige G. war am Sonntag in der Nähe von Hannover festgenommen worden. Er steht im Verdacht, die drei Terrorverdächtigen unterstützt zu haben, die für die langjährige Mordserie verantwortlich sein soll. Der Verdächtige stammt den Angaben der Ermittler zufolge aus Thüringen.
Ende der 90er Jahre zog er aus beruflichen Gründen nach Niedersachsen und lebte bis zu seiner Festnahme am Wochenende in Lauenau bei Hannover. Er soll für die Komplizen Wohnmobile angemietet und ihnen seinen Führerschein und seinen Reisepass überlassen haben.
SPD-Minister schloss sofort die Akte
Nach Angaben Wargels wurde G. vor zwölf Jahren in Niedersachsen auf Bitte der Verfassungsschutzkollegen aus Thüringen observiert. Diese verdächtigten G. damals schon, er habe den Auftrag gehabt, dem Trio im Ausland ein Quartier zu besorgen. Nach der Observation seien 1999 weder der Staatsschutz der Polizei eingeschaltet noch eine Telefonüberwachung beauftragt worden, sagte Schünemann. "Hier drängen sich einige Fragen auf."
Seinerzeit war der Sozialdemokrat Heiner Bartling niedersächsischer Innenminister. Der innenpolitische Sprecher der niedersächsischen CDU, Fritz Güntzler, forderte Bartling auf zu erklären, warum er die Akte über das Mitglied der Neonazi-Szene sofort ohne Telefonüberwachung geschlossen habe.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen