■ Rechtsradikale Aktivitäten an der Duisburger Uni: „Volksschädlinge und Emanzen“
Duisburg (taz) – Offensichtlich gibt es an der Universität Duisburg seit eineinhalb Jahren systematisch ablaufende neonazistische und frauenfeindliche Aktivitäten.
Unmittelbar vor dem neuen Wintersemester wurden Briefe einer sich als „Nationaler Studentenbund Deutschlands – Kampfgruppe Duisburg“ (NSBD) bezeichnenden Gruppierung per Post an Mitarbeitende des Fachbereiches Chemie (FB 6) geschickt. In den NSBD-Briefen heißt es unter anderem: „Wir weisen darauf hin, daß für den Fachbereich eine schwarze Liste des NSBD existiert, auf der alle volksschädlichen Elemente und solche Emanzen stehen, die Abtreibungen hatten. Wir möchten Sie daher im eigenen Interesse dringend bitten, für klare Frontverläufe zu sorgen, indem Sie sich von allen Volksschädlingen (Kanaken, Emanzen, Lesben, Schwule) distanzieren.“
Weiter ist die Rede davon, daß „sich bei den Promotionen ein überproportionaler Ausländeranteil von 22 Prozent“ zeige. Jedoch könne man es sich nicht mehr erlauben, „Ausländer auf Kosten des deutschen Volkes auszubilden“, denn diese würden ihr erworbenes Wissen „gegen Deutschland einsetzen“. Mindestens 19 Universitätsangehörige fanden die „mit deutschem Gruß“ unterzeichnete Hetzschrift in ihren privaten Briefkästen. Nach einer dem AStA zugegangenen Selbstbezichtigung des NSBD wurden gar „43 Rundschreiben verschickt“. Gerichtet waren die Hetzsendungen vor allem an Hochschulangehörige, deren Postanschriften nicht, wie bei Dozenten üblich, öffentlich bekannt sind. In seiner Selbstbezichtigung rühmt sich der NSBD der Kenntnis von persönlichen Kontonummern und des „momentanen Kontostandes“ seiner Adressaten.
Schon am 13. April waren veschiedene anonyme Flugblätter mit rassistisch-frauenfeindlicher Tendenz und strafrechtlich relevantem Inhalt „in Räumen des Fachbereiches 6 gefunden“ worden, wie ein Schreiben des Uni-Justitiars Andreas Grimm an die Duisburger Polizei beweist. Die ermittelt nach eigener Aussage jedoch schon seit Anfang des Jahres. Grimms Vorgesetztem, dem Uni- Verwaltungschef Rudolf Baumanns, waren einschlägige Flugblätter gar schon ein Jahr zuvor bekannt. Im Frühling 1992 spielte er auf dem Dienstweg die Vorkommnisse herunter und gab die Empfehlung kund, „den Urhebern nicht zuviel Aufmerksamkeit zu schenken“. Auch sah der Uni- Kanzler damals „keine Möglichkeit, seitens der Hochschulleitung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen“. Kurz darauf fanden sich im für alles offenen Duisburger Wissenschaftsbetrieb wiederholt Disketten eines Spiels namens „Psycho“. In der per Antwortauswahl bespielbaren Software „werden unter anderem namentlich benannte Studentinnen beschuldigt, mehrfach abgetrieben zu haben“, erläutert der Antifa-Referent des AStA, Andreas Hippin. „Emanzen, die ihr Studium auf die Ermordung ihrer Kinder aufbauen, wurden von uns sorgsam recherchiert“, bekennt der NSBD dazu in einer „offiziellen Stellungnahme“. Auch ein unmittelbar nach dem Solinger Mordbrennen dem AStA per Hauspost zugestelltes Pamphlet sorgte Studierende und Beschäftigte. „Wenn wir heute 5 Türken erledigen, ersparen wir uns, in 15 Jahren fünfzig Türken ermorden zu müssen“, resümiert der Text.
AStA-Sprecher Pascal Beucker spricht außerdem davon, daß auf dem Campus „Hakenkreuz- Schmierereien schon fast die Regel sind“. Auch eine Bombendrohung anläßlich einer Frauenveranstaltung und einen Einbruchversuch in die Räume des Schwulenreferates habe es bereits gegeben. Thomas Meiser
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