Rechtsextreme in Hessen: Rache gegen kirchlichen Nazigegner

Neonazis in Hessen gestehen den Brandanschlag auf das Haus eines Kirchenmitarbeiters in Wetzlar. Der hatte rechtsextreme Demos gefilmt und ins Netz gestellt.

Im Netz drohten die Neonazis: "Wer braune Gewalt sucht, der bekommt sie." Bild: ap

BERLIN taz | Joachim S. ist erleichtert. Nach fast sechs Wochen Ungewissheit sind die mutmaßlichen Täter des Brandanschlags endlich gefasst. "Das ist eine große Entlastung", sagte S., Pastoralreferent der katholischen Domgemeinde in Wetzlar, der taz. Klar ist nun aber auch: Es war ein Anschlag von Neonazis gegen einen ihrer Gegner.

Anfang März war nachts ein Molotowcocktail auf das Wohnhaus der Familie von Joachim S. geworfen worden, in dem zu dem Zeitpunkt seine Frau und die Kinder schliefen. Nachbarn hörten quietschende Reifen und bemerkten das Feuer an der Haustür, die Familie konnte den Brand löschen.

Nun sitzen vier mutmaßliche Täter im Alter von 17 bis 23 Jahren in Untersuchungshaft, zwei davon haben den Anschlag gestanden, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag sagte. Sie ermittelt wegen Brandstiftung und versuchten Mordes. Die vier Verhafteten gehören laut Staatsanwaltschaft der sogenannten Anti-Antifa Wetzlar an. Der hessische Verfassungsschutz hatte in den vergangenen Monaten ein Aufleben der Neonazi-Szene in und um Wetzlar festgestellt und dabei auf die "Autonomen Nationalisten Wetzlar" und eben die "Anti-Antifa" hingewiesen. Im Netz drohten die: "Wer braune Gewalt sucht, der bekommt sie."

Bei Joachim S. haben die Neonazis dann offenbar Ernst gemacht. Dass sie das Haus des Kirchenmitarbeiters als Anschlagsziel ausgewählt haben, kommt nicht von ungefähr. Joachim S. ist im Wetzlarer "Bündnis gegen Nazis" aktiv. Seit eineinhalb Jahren filmte er immer wieder Demos und Aufmärsche von Neonazis in seiner Region und stellte sie ins Netz, außerdem führte er Interviews mit Neonazis, in denen diese sich selbst entlarvten.

Eines seiner Videos zeigte nach eigenen Angaben, wie Rechtsextremisten an ihrem "Gedenktag" zu Ehren des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß auf einem Schlauchboot auf der Lahn paddelten - unterlegt mit dem Schlager "Knallrotes Gummiboot". Ob dieser Film den Racheakt der Neonazis auslöste, ist aber noch unklar.

"Die wollten zeigen, dass sie stark sind", sagte Joachim S. der taz. "Aber das ist nach hinten losgegangen."

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