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Rechtsextreme Demo bleibt verbotenEin Dorf gegen zwei Ex-Häftlinge

Eine für das Wochenende in Insel angemeldete Kundgebung wird nicht erlaubt. Stattdessen will der Magdeburger Landtag ein Zeichen für die Menschenwürde setzen.

Polizisten schützen das Haus der Ex-Häftlinge in dem 400-Einwohner-Dorf Insel. Bild: dapd

MAGDEBURG/INSEL dpa/dapd/taz | Die für Freitagabend angekündigte rechtsextreme Demonstration gegen den Aufenthalt von zwei ehemaligen Sicherungsverwahrten in Insel bei Stendal bleibt verboten. Dies entschied das Verwaltungsgericht Magdeburg, wie Sprecher Christoph Zieger mitteilte. Die Veranstalter können jetzt noch dagegen eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

Ebenfalls für Freitagabend ruft der Landtag von Sachsen-Anhalt in Insel zu einer Kundgebung für die Menschenrechte auf. Hauptredner ist Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU). Seit rund einem Jahr machen mehrere Dutzend Bürger in Insel sowie zugereiste Rechtsextremisten gegen zwei dort wohnende Ex-Häftlinge mobil.

Am vergangenen Wochenende eskalierte die Situation in Insel. Ein der Männer war nach Chemnitz umgezogen. Nach von der rechtsextremen NPD organisierten Attacken flüchtete er jedoch zurück nach Insel, wo ein aufgebrachter Mob, darunter auch wieder Rechtsextremisten, mehrmals versuchten sein Haus zu stürmen.

Nur ein massiver Polizeieinsatz konnte schlimmers verhindern. Die Polizei verstärkte daufhin die Sicherheitsvorkehrungen, stellte Gitter auf und setzte Beamte mit Hunden ein. Nachdem bekannt wurde, dass Rechtsextreme in Insel eine Kundgebung fürs Wochenende angemeldet hatten, beschlossen Vertreter aller Magdeburger Landtagsfraktionen selbst nach Insel zu fahren.

Freitagabend nach der Landtagssitzung wollten sie mit Bussen nach Insel fahren und ein Zeichen für die Unantastbarkeit der Menschenwürde setzen. Erstmals in der sachsen-anhaltischen Parlamentsgeschichte wurde diese Form gewählt.

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5 Kommentare

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  • JE
    Jan Engelstädter

    Laut Spiegel-TV stammen beide Männer aus dem deutschen Südwesten und hatten sich nach ihrer Freilassung auch erst dort angesiedelt, bevor ihnen jemand aus jener Ecke sein leerstehendes Haus in der altmärkischen Pampa anbot. Informiert wurde niemand im Dorf, der Bürgermeister hat dann herumtelefoniert, warum sich plötzlich die Polizei für den Ort interessiert.

     

    Beide Männer haben übrigens eine Therapie während ihrer Haftzeit immer wieder abgelehnt.

     

    Es wäre schön gewesen, diese aus meiner Sicht für die Bewertung nicht ganz unwichtigen Informationen auch in der taz zu lesen.

     

    Und mal vom konkreten Fall abgehoben:

    Ist es nicht eine Schande für den deutschen Journalismus und die deutsche Politik, dass acht Wochen Anwesenheit von NPD-Mitgliedern genügen um Berichte und Reaktionen hervorzurufen, während die Monate vorher der "normale" Bürgerprotest einfach ausgesessen wurde?

  • MN
    mein name

    so ein verhalten erhöht den psychischen druck enorm-und leute, die kriminell wurden, weil dsie mit einem psychischen druck nicht umgehen können....nunja, sie können sich ja vorstellen, dass so etwas eher dazu führt, dass diese leute rückfällig sind.

     

    das entschuldigt die tat keineswegs, aber man zwingt einen ex-alki ja auch nicht, in einem Spirituosenladen zu arbeiten.. man kann solche leute unterstützen und ihnen helfen um die gefahr des rückfalls zu minimieren. das hier ist aber das gegenteil und von daher absolut gefährlich.

     

    diese leute machen sich "ihre" straftäter nur noch schärfer.

  • JE
    Jan Engelstädter

    Ich vermute, es gibt in Deutschland mehr Landtagsabgeordnete als (Ex-)Sicherungsverwahrte.

    Selbst wenn wir die Abgeordneten abziehen, die unter absolut beengten Wohnverhältnissen leben, dürften genügend übrigbleiben. Und von denen macht dann jeder das Angebot: "Einen nehm ich mit zu mir!"

     

    Dann hätten die Hochmögenden wirklich ein Zeichen für Menschenwürde gesetzt, anstatt denen, die ein Problem haben, einreden zu wollen, das Problem sei ja gar keines.

    Und wenn sich BT-Abgeordnete, Gerichtspräsidenten usw. an der Aktion beteiligen, gewönne die deutsche Elite sogar wieder mehr Ansehen in der Bevölkerung.

    (Und billiger für den Steuerzahler wärs auch noch, denn bei Abgeordneten schaut m.W. sowieso regelmäßig die Polizei vorbei.)

  • KB
    Karin Bryant

    Wessen Idee war es nur diese 2 vorbestraften Sexualverbrecher zur reintegration Oder wie immer es schoene geschrieben wird, in solch einen keinen Ort zu schicken ? Ich denke kennt sich Dort jeder und selbst andere Neueinwohner werden erst mal neugierig beäugt.

    Ehrlich gesagt wünsche ich keinem solche Nachbarn zu bekommen denn gewisse Risiken sind wohl immer doch wären sie in einer Großstadt unauffälliger ,es sei denn man gibt ihnen einen großen Bahnhof oder macht auf ihren Hintergrund aufmerksam.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Resozialisierung muss zugestanden werden

    Straftäter,die ihre Strafe verbüßt haben,haben ein Anrecht auf Resozialisierung und das Reecht

    ihren Aufenthaltsort frei zu wählen.

    Die Ängste der Bevölkerung sind verständlich.Nur zu einerHisterie in der Dorfbevölkerung darf es nicht kommen.