: Rechtschreibreform. Nachschlag
betr.: „Übel von oben – typisch deutsch“, LeserInnenbriefe, taz vom 3. / 4. 8. 00
An den Leserbriefspalten der taz kann man erkennen, welche Themen in Deutschland wirklich wichtig sind: Nicht die Umwelt, nicht die Atomkraft, nicht die Rente, nicht die Nazis, nicht die Gentechnik, nein, das eigentliche Problem Deutschlands ist die Rechtschreibreform. Beeindruckend.
Was sind das eigentlich für Leute, die sich über ein paar minimale Änderungen im Regelwerk aufregen und gleich zu den dicken Argumentationskeulen greifen? „Oktroi“, „undemokratisch“, „diktatorischer Akt“ und, immer gerne genommen: „Herrenmenschentum“. Darf es dann vielleicht auch ein faschistoides „dass“ sein? Die Betonung des Doppel-S als nationalsozialistische Unterwanderung? Man könnte auch argumentieren: „Der Führer raubte uns die deutsche Schrift, die KMK die deutsche Rechtschreibung.“ Weniger wäre wohl echt verharmlosend.
Es ist mir ein Rätsel, warum man sich wegen ein paar geänderter Schreibweisen so aufregen kann, vor allem, weil mir keinerlei Konsequenzen im Fehlerfall bekannt sind. [...] Das Lesen kann ja wohl kein Argument sein, denn nach dem Lesen von Texten kann ich nicht sagen, ob sie in alter oder neuer Rechtschreibung geschrieben sind, falls ich es mir nicht extra vornehme. Und eigentlich lese ich Texte wegen des Inhalts und nicht wegen der Rechtschreibung.
Noch ein Satz zum Artikel mit dem „Verschwinden der Normen“: Das tun sie natürlich nicht; gerade im Computerbereich sind Normen extrem wichtig, und ohne Normen (die da allerdings anders zustande kommen und Request for Comments heißen) gäbe es das Internet nicht.
MICHAEL FISCHER VON MOLLARD, Göttingen
Bitte bleibt bei der neuen Rechtschreibung! Schon die ß-ss-Regelung ist es wert. Rechtschreibung ist Gewohnheitssache und kein Naturgesetz. Die Kommafreiheit muss man ja nicht mitmachen (Interpunktion ist Logik!) und die Getrenntschreibung auch nur dort, wo sie nicht verwirrt. Ich drohe aber auch nicht mit Abo-Kündigung. HELMUT RICHTER, Frankfurt/Main
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