Rechter Haß per Telefon

■ Nationales Infotelefon in Hamburg mobilisiert Rechtsradikale / Staatsanwaltschaft sieht keinen Anlaß zum Eingreifen Von Marco Carini

Rechter Terror, organisiert per Anrufbeantworter. Mit Bandansagen mobilisieren Mitglieder der neofaschistischen Szene seit Monaten ihre Anhänger, rufen verklausuliert zu verbotenen Aufmärschen auf und machen Propaganda für die „Bestrafung“ von Antifaschisten. Die Haßnummern sind dem Verfassungsschutz und der Staatsanwaltschaft bekannt, gehandelt aber wird nicht. Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger: „Ankündigen ist kein Straftatbestand“.

Für den „Einblick“, die Todes-Liste der Rechtsradikalen, warb das „Nationale Infotelefon Hamburg“ bereits im vergangenen Herbst. „Die erste Anti-Antifa-Zeitung“, so war auf der Bandansage zu hören, „enthalte Namen und Adressen von linksextremistischen Gewalttätern“. Auch die Bestelladresse, ein Postfach eines dänischen Neofaschisten, dem gute Kontakte zur norddeutschen rechtsradikalen Szene nachgesagt werden, war auf dem Band zu vernehmen. Die Ansage endete mit „Heil Deutschland“.

Gegen die Urheber des „Einblick“ ermittelt längst die Karlsruher Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“. Denn die illegale Adressenliste nennt nicht nur die Namen von antifaschistischen Personen und Einrichtungen, sie ruft auch dazu auf, diese „mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln (zu) bestrafen“. Die Folge: Einige der vom „Einblick“ mit Adresse und Telefonnummer genannten Personen, wie der Eidelstedter Maler Gerhard Lentz, werden seit Wochen mit telefonischen Morddrohungen tyrannisiert. Doch während gegen den „Einblick“ strafrechtliche Ermittlungen laufen (taz berichtete), bleibt das Propaganda-Telefon unangetastet.

„Ankündigen ist kein Straftatbestand, auch wenn die Bestelladresse gleich mitgeliefert wird“, nennt Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger den Grund, warum die Staatsanwaltschaft bei der Einblick-Werbung untätig blieb. Zwar höre das Landeskriminalamt die Bänder ständig ab, doch „einen Ansatz, wegen Volksverhetzung zu ermitteln“, habe die Staatsanwaltschaft „noch nicht bekommen“.

Kein Wunder: Denn die Ansagetexte sind geschickt formuliert, um dem juristischen Zugriff zu entgehen. So wird etwa zu verbotenen Demonstrationen nicht aufgerufen, sondern lediglich mitgeteilt, daß sich „gerüchteweise“ an einem bestimmten Ort „nationale Bürger“ versammeln. Rüdiger Bagger: „Wir können den Anschluß nicht dichtmachen, denn strafrechtlich ist da kaum ranzukommen“. Merkwürdig dabei: Ganz anders verhält sich die Mainzer Staatsanwaltschaft. Sie nahm das dortige „Nationale Infotelefon“ bereits dreimal von der Leitung“.

Nach Recherchen der taz und des Hamburger Journal des NDR verbergen sich hinter den Anschlüssen Prominente der rechtsradikalen Szene. Das „Infotelefon der Nationalen Liste“ verkündet seine Propaganda aus der Lohbrügger Korachstraße 5, der zum Parteibüro umgebauten Wohnung von Thomas Wulf, dem Vorsitzenden der Nationalen Liste (NL). Das zweite Terror-Telefon steht in der Eiffestraße 602c in der Wohnung von Jens Siefert. Siefert ist nach Informationen aus Staatsschutz-Kreisen Mitglied der FAP, gegen die vor dem Bundesgerichtshof zur Zeit ein Verbotsverfahren läuft.

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht attestierte der Rechtsaußenpartei erst am Freitag, daß sie „abgewandelte Zielvorstellungen der NSDAP“ propagiere. In Hamburg darf sie das auch weiterhin offiziell geduldet tun – per Telefon.